CARL PERKINS :: Austin, Music Hall

Morgens hatte Carl der Große, guter Geist des Rockabilly und Verfasser der Narzißten-Hymne „Blue Suede Shoes“, noch die Eröffnungsrede für die „South By Southwest Music & Media Conference“ gehalten, mahnend und missionarisch. Da blieb kein Auge trocken. Angekündigt als guter Mensch und goodoldboy, der noch nie „vor so vielen wichtigen Leuten“ gesprochen habe und daher rechtschaffen nervös sei, führte Perkins den Schmäh souverän ad absurdum, indem er uns in 30 Minuten nicht nur seine Lebensgeschichte erzählte und erschöpfend Auskunft gab über etliche Krisen und Krankheiten, indem er nicht nur sein neues Album höchst professionell promotete und ganz nebenbei ein Dutzend seiner patentierten Gitarren-Licks demonstrierte. Nein, damit nicht genug. Am Ende führte Carl die versammelte Music-Biz-Mafia auch noch so theatralisch wie demutsvoll durch einen Choral: „What A Friend We Have In Jesus“. Hölle und Teufel!

Abends stand dann ein anderer Carl Perkins auf der Bühne, tough und unbeugsam. Und erstaunlich schwarz: Fast die Hälfte seines Repertoires war Rhythm & Blues-lastig, von „Got My Mojo Working“ bis „That’s Alright Mama“, und selbst die eigenen Hits bekamen einen farbigen Beigeschmack, allen voran „Matchbox“ und „Honey Don’t“. Perkins spielte so genau und gekonnt, als wäre er nie weggewesen. Nur Rockabilly in Reinkultur kam nicht vor, sehr zum Verdruß einer Gruppe junger, scharfgekleideter Billies, die eigens aus LA angereist waren, um dem Meister ihren Respekt zu zollen. „Tbo much fuckin‘ noise, no style“, raunzte verächtlich ein cot. Der Rest des Publikums kapierte nichts und wartete auf Soul Coughing. Die Ungnade der späten Geburt.

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