Chokebore – It’s A Miracle: Rockmusik hart am Rande des Nervenzusammenbruches :: PALE BLUE/ZOMBA

Chokebore It’s AMiracle PALE BLUE/ZOMBA Rockmusik hart am Rande des Nervenzusammenbruches Bei den frühen Konzerten von Chokebore konnte man Troy Bruno von Balthazar, den manischen Kopf dieser irren Band, nicht selten dabei beobachten, wie er während des Singens (das bei ihm eher ein Leiern und Jodeln ist) einen Salto rückwärts vollführte und meist auf den Schulterblättern landete. Er musste dann auch lange Zeit am Stock gehen. Einmal sprang er von der Bühne und verletzte ein unschuldiges Mädchen im Publikum. Hinter den Kulissen beteuerte Troy: „I will never ever do this again.“ Am nächsten Abend sprang er wieder. Heutzutage hält sich die Gefahr in Grenzen: Einem Chokebore-Auftritt lauscht man ohnehin immer in leicht gebückter Haltung. Hinterher, wenn man ins Freie tritt, ist man ein neuerMensch (für zwei Stunden). Die vor zehn Jahren ausgerechnet nach L.A übergesiedelten Hawaiianer, aus denen vermutlich auch in Mikronesien keine Spaßvögel geworden wären, schrieben mit „Lemonade“ auch den vernichtendsten Song über Geschlechtsverkehr: „Chandra fiicked my loneliness away/ At least for a minute or two/ A lemonade.“ Sex wird ja sowieso überbewertet – lieber eine Fanta zischen, ein gutes Buch lesen oder Chokebore hören, mit deren Rückkehr eigentlich nur noch Wirrköpfe gerechnet haben. Jt’s A Miracle“ heißt das fünfte Album, und es ist so tragisch, desolat und triumphal wie die vier Platten davor. Ein lustiges Kerlchen ist nur der Infoschreiber: „Mehr Pop denn je, gelingt es ihnen, ihre Power und Energie gezielter einzusetzen.“ Ein guter Witz, gibt es doch kaum eine kraftlosere, brüchigere Band, deren Fausthiebe eher in die Magengrube als ins Gesicht zielen. „My life is just like when you left it/ Füll of rain filled with low lights and sad girls/ I’m not alone when I’m without you“, grämt man sich, entblößt wie in alten Zeiten. Zu den sich gefährlich auftürmenden Gitarren gesellt sich neuerdings auch mal ein Piano. Deshalb klingt die Instrumentierung in „Ultra-Lite“ wie ein vergessenes Stück der Düstermänner Black Heart Procession und somit auch nicht gerade erheiternd. Troy Bruno von Balthazar bleibt Herr der Lage: „Nobody wants to let go/ This is the skin that holds all of us in/ And keeps us from blowing apart.“ Rockmusik am Rande des Nervenzusammanbruches. Ein kleines, mattes Wunder. JAN WIGGER

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