Chris Smither – Honeysuckle Doq

Eine traurige Geschichte hat jetzt doch noch ein Happy End gefunden. Begonnen hatte sie damit, dass United Artists 1973 den unterkapitalisierten und nicht genügend Gewinn abwerfenden Laden von Kevin Eggers, Poppy Records, dichtmachte und einige seiner (relativ, versteht sich) prominenteren Künstler respektive viel versprechenden Songschreiber übernahm. Townes Van Zandt hatte also weiter eine Label-Heimat: „High Low And ln Between“ und „The Late Great Townes Van Zandt“ wanderten in den UA-Katalog und wurden schließlich 1996 von Capitol in bestem Remastering als „twofers“ wieder veröffentlicht Der von Bonnie Raitt über die Maßen bewunderte Kollege Chris Smither hatte weniger Glück. Seine beiden LPs „Don’t It Drag On“ und „I’m A Stranger Tool“ brillantes Originalmaterial, dessen sich Miss Raitt mehrfach annahm, und fabelhafte Cover-Versionen von Vorlagen von Randy Newman, Dylan, Willie McTelL Neil Young und den Rolling Stones – verschwanden komplett in der Versenkung, das gerade fertig gestellte dritte Album „Honeysuckle Rose“ wanderte umgehend ins Band-Archiv. Für Townes bedeutete das seinerzeit bekanntlich fünf Jahre Studio-Zwangspause, für Freund Chris einen noch weit schlimmeren Karriereknick. Der nahm erst 1985 seine nächste Platte für eine winzige Indie-Firma auf. Als 1997 die ersten beiden LPs auf CD – wie die von TVZ als „twofer“ – in den USA erschienen, hatte er die meisten Songs von „Honeysuckle Rose“ mit der Zeit für andere Firmen neu aufgenommen. Wohlgemerkt: neu, nicht besser, nur genauso gut Will sagen: Dieses legendenumwobene, jetzt endlich erstmals veröffentlichte Werk, bei dem Prominenz wie Dr. John und Bonnie Raitt, Lowell George und Billy Payne von Little Feat und etliche um die Ecke in Woodstock wohnende Jazzer wie Dave Holland und Mike Mainieri seiner Band als Gäste assistierten, ist eine Archiv-Ausgrabung allerersten Ranges! Wunderschön, wie er da Mississippi John Hurt nacheifert, indem er Randy Newmans „Guilty“ als (Avalon) Blues zur Akustikgitarre (!) singt. Die mit sonorem Bariton vorgetragene Deutung von Eric Von Schmidts „Rattlesnake Preacher“ klingt ungleich pastoraler als das, was Dylan auf seinem Debüt aus dessen „Baby, Let Me Follow You Down“ machte. In meisterlicher Frühform musizierte er Danny O’Keefes „Steel Guitar“, noch überragender seinen „Tribute To Mississippi John Hurt“ und den Jailhouse Blues“ von Bessie Smith zum Schluss.

Trotz Lowell-George-Solo und prima Band-Besetzung ist „It Ain’t Easy“ die Cover-Version hier, die weder das Original von Ron Davies noch die Aufnahme von Dave Edmunds erreicht. Dafür gibt es fünf eigene Kompositionen, Folk- und Countrygefärbte wie „Braden River“ und „Rosalie“, die fragen lassen, wieso irgendein A & R-Typ bei UA damals befinden konnte, dass solche Aufnahmen unter Verschluss gehören.

Im Übrigen wäre es in diesem Fall eine Sünde gewesen, die bei Bearsville Sound in Woodstock gemachten Aufnahmen nachträglich heftig zu enttäuschen. Smithers „Jailhouse Blues“ ist auch so eine klangliche Delikatesse. Und Lowell spielte seine Overdubs bei „Rosalie“ einfach göttlich. Was sonst?

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