Chris Stamey – Travels In The South

Wrrooommm… Eine vorbeifliegende Propellermaschine dröhnt vom rechten zum linken Lautsprecher, einer dieser kleinen Business-Jets, die als Verkehrsmittel im Süden der USA fast so geläufig sind wie Fahrräder in Freiburg. Bevor sich in „14 Shades Of Green“ eine schöne Geschichte um eine etwas andere high school reunion entfaltet, beseelt von einer Melodie, die in jeder Wendung auf vertraute Vorbilder zu verweisen scheint und doch ganz eigen ihren Weg findet. Und deshalb eigentlich nur von Chris Stamey stammen kann. Chris who?

Stamey. Ein household name ist der Mann aus Chapel Hill, North Carolina nicht gerade geworden, doch ohne ihn wären die letzten gut 20 Pop-Jahre definitiv langweiliger gewesen. Die Eckdaten: Bassist bei Alex Chilton, gemeinsam mit Peter Holsapple (später R.E.M., Continental Drifters) Gründer der dB’s, deren Alben „Stands For Decibels“ und „Repercussion'“ gern „indie-pop landmarks“ genannt werden. Solo-Alben wie „It’s Alright“, 1992 eine Reunion mit Holsapple als „Maverics“, zuletzt nur noch als Produzent tätig für Whiskeytown, Alejandro Escovedo, Ben Folds, Caitlin Cary.

Jetzt also sein erstes Album seit einer halben Ewigkeit, inspiriert ausgerechnet von der Expanded Edition des einzigen Blind Faith-Albums. „Was für eine Verschwendung von gutem Plastik“, habe er beim Hören gedacht. Aber auch: War‘ doch ein Spaß, mal wieder ein bisschen zu jammen. Stamey wäre nicht Stamey, würde er aus diesem Impuls nicht einen Song wie „Kierkegaard“(!) entwickeln. Der in etwa klingt, als habe man eine Jam-Band kurz vor dem großen Daddel-Ausbruch schnell mal in den Art-Pop-Himmel katapultiert. Oder das herrlich durch Zeit und Raum rauschende „Ride“.

Doch Stamey kann auch immer noch ganz anders. „And I Love Her“ und das wundervolle „There’s A Love“ baden in purem Pop-Romantizismus, in unwiderstehlichen Melodien, die auf vertraute Vorbilder… Ganz unverblümt ist hingegen „In Spanish Harlem“ eine feine Hommage an die großen Pop-Träume, die Ben E. King und Phil Spector immer noch evozieren können. Da kommen die Harmonies einer Tift Merritt gerade recht. Ebenso wie die Twin-Gitarren im naiv-leichten „Alive“, wie Pedal Steel und Piano in der verschlungen-melancholischen Nachtwache „Insomnia“, oder wie die Gastrolle von Ryan Adams im hymnischen Abgesang „The Sound You Hear“. Falls Sie noch einen letzten Höranreiz benötigten…

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