Chuck Prophet – Let Freedom Ring!

Ein politisches Emo-Album für unpolitische Leute Mexiko Stadt also. Acht Aufnahme-Tage im weltberühmten Estudio 19 inklusive Schweinegrippe-Gesichtsmasken, Erdbeben (6,4), Stromausfall. Genau der richtige Ort, um von dort zuzuschauen, „as the bottom falls out of the big lie here at home“. Eine, so Chuck Prophet weiter, „Emo-Platte“ schwebte ihm vor, „quasi-politisch“, aber für „unpolitische Leute wie mich“.

Wir wissen nicht, was Prophet unter „Emo“ versteht. Vielleicht einfach Joy Division zu widersprechen („Love Won’t Keep Us Apart“)? Wir wissen nur, dass „Let Freedom R ing! „ein fach eine weitere gute bis sehr gute Prophet-Platte geworden ist. Dabei ist sein Ton auch mal emphatisch (countryesk: „What Can A Mother Do“, blaubeseelt: „You And Me Baby“), mal fast abgeklärt („Barely Exist“), mal beschwörend („Leave The Window Open“), und nicht zuletzt süffisant-ironisch, was lustige Uhu-Chöre noch unterstreichen in „American Man“ und im Titelsong.

Außer hinter seiner Gitarre vielleicht. Noch immer ist Prophet zu keinem nicht genau den Punkt treffenden Telecaster-Ton fähig, egal, ob er aufgekratzt new-wavig daherkommt („Hot Talk“) oder unverhohlen traditionell („Good Time Crowd“) oder irgendwie beides zugleich (im furiosen 2:15-Heuler „Where The Hell Is Henry?“) Lokal-Folklore erspart er sich und uns, ein Ethno-Musiktourist wird Prophet nicht mehr werden.

Fürs notwendige Fleisch am Knochen reichten eine kleine Studio-Band und mit Greg Leisz ein kundiger Co-Produzent und Mann für alle Fälle. Und wer trommelt da so wuchtig und rund? Es ist tatsächlich Ernest „Boom“ Carter, der sich noch auf „Born To Run“ (dem Song) unsterblich machen konnte, bevor ihn die Studio-Exzesse seines damaligen Arbeitgebers Bruce S. in die Flucht schlugen. Wir wissen nicht, ob sich Carter seitdem mindestens einmal pro Tag in den Hintern beißt. Aber das Prophet-Ticket nach Mexico City war eine gute Wahl.

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