David Bowie

Aladdin Sane

EMI

Wie David Bowie altertümlichen Rock’n’Roll um ein paar fixe Einfälle, Vaudeville und Klavier erweiterte

Nachdem er Ziggy Stardust mit dem letzten rauschenden Konzert begraben hatte, mutierte Bowie flugs in die nächste Inkarnation: Er malte sich einen Blitz übers Gesicht, trug den roten Vokuhila röter und offensiver und schaute blass aus. Die bewährte Band aus Mick Ronson, Trevor Bolder und Mick Woodmansey wurde auch für das nächste Album verpflichtet, Bowie war jetzt „a lad insane“. Für weitere musikalische Häutung blieb indes keine Zeit, und so verlängerte er den Rock’n’Roll noch einmal und ergänzte ihn um avantgardistische Verzierungen wie das dadaistische Jazz-Geklimper und Saxofon-Getröte in „Aladdin Sane“, dem Titelsong, und elegisches Pianospiel in „Lady Grinning Soul“, dem letzten Stück – übrigens auch in dieser unfassbar schmucklosen, fast minimalistisch strengen Edition zum 40. Jubiläum.

Sonst ist das Album schon ganz klassischer Bowie und nostalgisch in seiner Haltung zur Jugendkultur, den Fifties-Zitaten, dem Schubidu und Chorgesang von „Drive-In Saturday“. Der abenteuerlichste Songschreiber soll er gewesen sein und stets vorausgeschaut haben: In Wahrheit hatte Bowie die Retromania schon 1973 losgetreten und lag mit seinen beschädigten Figuren gar nicht so weit entfernt von den seltsamen Strand- und Großstadt-Strolchen, die Bruce Springsteen in New Jersey imaginierte. „Panic In Detroit“ ist etwas hysterisch auf Zickigkeit geschminkt, da wird mal schrill dazwischengesungen, die Gitarrensoli jagen einander, das Schlagzeug hält nicht den Beat. „Cracked Actor“ ist schönster Glam-Rock der Sorte, bei der man immer mit muss, nur eine Jeanslänge von Status Quo entfernt. „Time“ ist Vaudeville und Music Hall plus „All The Young Dudes“-Chor und Ronsons Gitarre: hymnisch! „The Prettiest Star“ nimmt sogar die „Absolute Beginners“ in großväterlicher Version vorweg, und für „Let’s Spend The Night Together“ von den Rolling Stones wurde das Boogie-Woogie-Klavier stark beschleunigt.

Mit „Ziggy“ wollte Bowie nicht weitermachen – also war es doch eine feine Idee, Ziggy nach Amerika zu schicken, wie er selbst sagte. „Aladdin Sane“ nannte er gar „the more successful album because it’s more informed about rock’n’roll than Ziggy was“. Wenn man lange genug sucht, findet man hinter den Songtiteln die Ortsangaben: New York, Seattle-Phoenix, Detroit, Los Angeles, New Orleans. Diese „40th Anniversary Edition“ fällt leider zurück hinter die Doppel-CD zum 30. Jubiläum. Diesmal soll es sich wohl um eine Miniatur-Replik der Vinyl-Ausgabe handeln – die Texte sind auf die Innenhülle gedruckt.

Aber nicht lesbar.