Deborah Harry – Necessary Evil :: Die Blondie-Sängerin irrt durch überfüllte, aber ideenlose Songs
Der Tag, an dem uns unsere Liebe zu Debbie Harry abhanden kam, war der, an dem wir vor einem Vierteljahrhundert ihr Solodebüt „KooKoo“ kauften. So sehr wir damals als Teenager in die Sängerin von Blondie verknallt waren, so sehr enttäuschte uns diese unbeholfene und langweilige Songkollektion. Wir hatten uns unfassbar schnell auseinandergeht, und „Necessary Evil“, Harrys sechstes Soloalbum, eignet sich nicht wirklich dazu, unsere Liebe neu zu entflammen.
„Two Times Blue“, mit dem die Platte startet, bemüht sich mit seinem eifrig pochenden Eigthies-Beat, den verschwommenen Synthiesounds, den beim Refrain losschrammelnden Gitarren um Blondie-Vergleiche – und ähnelt dabei „Maria“ vom Blondie-Comeback von 1999. Dennoch kann man der 62-Jährigen, die es jetzt bevorzugt, nicht mehr Debbie, sondern Deborah genannt zu werden, auf ., Necessary Evil“ nicht vorwerfen, ihre Ex-Band zu imitieren. Der Rest des Albums versucht sich an allen möglichen Stilen, vom Ethnopop („Jen Jen“) bis Ambient („Charm Redux“), von Trip-Hop („Heat Of The Moment“) bis Funkrock („Necessary Evil“), springt hinundher, will modern klingen, ohne es wirklich zu sein. Harry wirkt dabei hin und wieder überfordert („Love With A Vengeance“), verheddert sich oft in den komplexen Arrangements, die ihr das New Yorker Produzententeam Super Buddha vorgibt und mit allem Möglichen vollgestopft hat. nur nicht mit wirklich guten Songideen.
„Deep End“ hat zwar durchaus Drive, sackt im Refrain aber ziemlich ab. Immer wieder müllt einen die Platte mit Kitsch wie „What Is Love“ oder „Needless to Say“ zu. Und obwohl sich „Paradise“ textlich ambitioniert als Innensicht einer Selbstmordattentäterin gibt, verliert sich der Walzer musikalisch in süßlichen Sounds und klebrigen Harmonien. Richtig gut gelingt auf der Platte nur „You’re Too Hot“: ein überhitzter Kracher mit Harry an der Gitarre, einem nölende Kinderrefrain, fiesem Saxofon. rotzig und trashig. Doch um unsere Liebe zurückzugewinnen, braucht es mehr.