Deine Lakaien – White Lies: Zu selten blitzen die verschiedenen Talente von Veljanov und Horn auf :: COLUMBIA/SONY MUSIC

Es war zumeist das Prätentiöse und Manierierte, das Geschraubte und Gekünstelte, was man den Künstler-Duo noch am ehesten vorwerfen konnte. Der Versuch von Sänger und Texter Alexander Veljanov, einem Romantiker in der Tradition David Sylvians, den Lakeien-Fans etwas Scott-Walker-Ahnliches nahe zu bringen, musste naturgemäß scheitern. Der studierte Musiker Ernst Hörn vertonte Vorjahren in Form seines Mittelalter-Projekts Qntal Walter von der Vogelweide und Hildegard von Bingen. Dass man sich damit bei imagebedachten jungen Leuten nicht nur Freunde macht, dürfte klar sein.

„Kasmodiah“ stellte vor drei Jahren das erfolgreichste Lakaien-Album, nun gibt es „White Lies“, und die Promotion-Abteilung vermeldet ob Veljanovs berüchtigtem Bariton: „Fern fühlt man sich an Bryan Ferry erinnert.“ Mit Verlaub: nur sehr, sehr fern. Und viel lieber hört man noch einmal „Psalm“ als das neue, von Houellebecq inspirierte Lakaien-Stück „Prayer“, in dem Alexander Veljanov folgenden Refrain singt: „Lord you gave us mother nature / That gave us the right to hate you.“ Die manchmal zu bemühten Texte des zweifelsohne herausragenden Sängers (nachzuhören vor allem auf dem unverdächtigen Live-Dokument der „Acoustic“-Tour) bleiben also Geschmackssache, und Ernst Horns Gespür für gute Melodien blitzt zwar immer mal wieder, jedoch viel zu selten auf: „Generators“, flankiert von den auch weiterhin überdurchschnittlichen Beats der Lakaien, steht früheren Singles wie „Dark Star“ oder „Fighting The Green“ in nichts nach – und „Life Is A Sexually Transmitted Disease“ wird sicher ein Club-Hit.

Viele Ideen bleiben jedoch halbgar, auf Blendwerk wie „Stupid“ hätte man getrost verzichten können. Ganz hübsch dagegen die Gitarrenballade „Fleeting“, und mutig, wenn man bedenkt, dass die ganz sicher noch vorhandenen EBM-und Elektronik-Puristen unter der Lakaien-Klientel in der Regel bei den ersten Klängen einer Gitarre sofort einen irreversiblen nervösen Hörsturz erleiden.

Die gute Nachricht zum Schluss: Alexander Veljanov hat natürlich immer noch die imposanteste Musiker-Frisur seit dem Ableben von Doctor And The Medics. Chapeau!

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