Destroyer – This Night :: Talitres
Die Vorgeschichte zu „This Night“ von Destroyer spielt wie so oft nicht im wirklichen Leben (Daniel Bejar aus Vancouver ist selbstverständlich ein junger, manischer Songwriter, Ex-Homerecording-Artist, jetzt mit Band, dazu bei den nicht so tollen New Pornographers), sondern im Kopf des Hörers: das erste Mal bis zum Schluss von „Cowgirl In The Sand“ mitfiebern. Im Dunkeln „Hunky Dory“ hören, eine Doors-Phase haben. Grant Lee Buffolo entdecken oder die guten Sachen von Lou Reed und, tja, Al Stewart.
Eine Stimme, die all das zu wissen und doch von nirgendwo her zu kommen scheint Bejar tritt wie ein Beat-Lyriker auf, singt entrückt, oft unleidig quäkend die Songs, die er so verfasst hat, dass er eigentlich gar nicht singen muss, weil die Musik den Worten hinterherfließt. Nicht wie Dylans Lieder, mehr wie seine Liner Notes. Das Mädchen Holly oder die Stadt Hollywood, Löwen, die an Strommasten spielen, großer Käse, großer Mythos. Rock’n‘ Roll-Mythos vor allem, mit Fußnotenzitaten von den Smiths und Sonic Youth und Bejars Erklärung in, JVlakin‘ Angels“: „Hey, rock’n’roll’s not through yet, I’m sewing wings on this thing.“ Die Musiker klingen wie eine Rasiermesser-Garagenband, die heute ausnahmsweise nur Balladen spielt, ab und zu mit Orgel, Kratzgeige und Spieldose. Im auf- und abdonnernden „Hey, Snow White“ zupft Daniel Bejar auf der Neil-Young-Jaulgitarre ein Riff, das kurz vor dem Zerbröseln zu stehen scheint und (wie die ganze Musik) wirkt, als sei es unwiederbringlich, nie wieder so reproduzierbar.
„This Night“ ist lang und anstrengend, Bejars Stimme kann auf die Nerven gehen, aber das muss so sein. Ungetrübt wäre die Schönheit und Weisheit dieser Musik noch weniger zu ertragen.