Devendra Banhart

„Flying Wig“

Mexican Summer (VÖ: 22.9.)

Manche Wunden sind nur im Weichzeichner zu ertragen.

Was wird das, wenn sich Devendra Banhart in ein Ex-Neil-Young-Studio im Topanga Canyon zurückzieht, wo er, „constantly listening to the Grateful Dead“, versucht, sein gebrochenes Herz zu flicken? Na klar: Cosmic American Music! Nur ein bisschen anders. Der Schwerverwundete hüllt sich in einen Kokon aus warmen Synths/Keyboards, verhallten Gitarren und wohligen Gesängen, aus dem seine Stimme gerade so herauslugt. Am Anfang Meeresrauschen, ein Herzschlag – wird das eine Séance? Ein nebulöser Auftakt für ein Album, das dann das Schwebende, Weichgezeichnete der klaren Linie vorzieht.

Da fliegt glatt die Perücke weg

Das konnte nur mit dem produzierenden Zutun einer Waliserin gelingen. Bedenkt man, dass Cate Le Bon gleich ihr Debüt „Me Oh My“ betitelte (Banharts „Oh Me Oh My“ mindestens zitierend), wundert es, dass sich ihre Freundschaft nicht schon früher in einem Studio materialisierte. Aber vermutlich war noch nicht genug Schmerz da. Banhart, „dead like a rat at the edge of my heart“, findet dabei in „Charger“ das Profunde nur einen Wimpernschlag vom Profanen entfernt.

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Rechnen Sie auch mit surrealistischen Einlagen, wenn er nackt „on an eye without a head“ tanzt, zumal aber mit dialektischen Einsichten in das Wesen der Liebe: „You can love someone wrong, but you can’t love by mistake.“ Auch schön: „When I said I wasn’t leaving, that’s when I knew that I was leaving.“ Klar, jedes abgebrannte Gras wird wieder grün – nur halt gern auf der anderen Straßenseite. Am Ende geht der Protagonist glatt auf „The Party“, aber ach, „it don’t go to me“!

Das beste Stück ist das sechsminütige „Twin“. Die Eighties-Reminiszenz groovt sogar mal verhalten. Banharts Falsett schwingt sich auf, während ihm Bowies Geist wohlwollend über die Schulter schaut. So viel Zweifel, Ausweglosigkeit, Furcht, Bitterstoffe, „and yet this precious thing that’s at the heart of everything you wanted“. Und trotzdem: Patenschaft Kobayashi Issa und sein Gedicht „A World Of Dew“. Da fliegt glatt die Perücke weg.