Die Goldenen Zitronen – Lenin

Das Gegengift zum deutschen Weltmeister-der-Herzen-Pop? Nein, denn die Goldenen Zitronen senden ja, seit 20 Jahren, auf völlig anderen Kanälen. Sie können kein fremdes Programm stören, weil sie ihr eigenes Oppositions-Radio sind, und wer nichts weiß von der undogmatischen Hamburger Linken, von Wohlfahrtsausschüssen und dem problematischen Verhältnis zu Punk, der wird eh das Gefühl kriegen, dass die Platte „Lenin“ von ihm gar nicht gehört werden will.

Schade, denn dies ist eine der gehaltvollsten, unpathetischsten deutschen Pop-Platten in diesem Sommer. Schorsch Kameruns freie Spoken-Word-Monologe sind wie immer grandios irr, „Mila“, in dem ein ehemaliger Dorfpunk die alten Zecken-Freunde nicht ans Handy kriegt, das Titelstück mit einem Besuch im Lenin-Mausoleum. Gesungen: „Wenn ich ein Turnschuh war“, ein Abzählvers über importierte Billigarbeit, „Der Bürgermeister“, der aufs Tocotronic-Konzert geht und sich als potenziell korrupter Politiker mit dem Freigeist des Kunstsinns parfümiert.

Insgesamt klingen die Zitronen heute aber, als ging es ihnen vor allem darum, sich gegen jede falsche Umarmung abzusichern. Die Angst, als subkultureller Widerstand dem Markt Ideen zu liefern. Der Vorbehalt, für die Geschwister nicht zu mitsingbar sein zu dürfen-weshalb die Musik meist aus Dissonanz-Gitarren und Orgelschleifen besteht, an frühe Post-Punk-Bands erinnernd. Und dass Kamerun meckert wie eine alte Tante, könnte eine Strategie gegen Chauvinismus sein. Ja, Haltung ist Gold wert, aber so eine Platte wirkt dann doch wie ein leicht unlockeres Teach-in.

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