Diverse – Bless You California: More Early Songs Of Randy Newman
Die Mär vom One-Hit-Wonder Randy Newman wird immer wieder mal gern kolportiert. Dabei hatte der in jungen Jahren mit ein paar Songs für Gene Pitney Steilvorlagen geliefert. Der landete mit denen 1966 gleich zweimal in den Top Ten der englischen Hitparade, mit „Nobody Needs Your Love“ dort die Nr. 2, fünf Monate später mit „Just One Smile“ auf Platz 8. Als Alan Price kurz darauf mit der Geschichte von Simon Smith und seinem Tanzbären glatt auf Platz 4 landete, nahm er für die kommende LP „A Price On His Head“ umgehend gleich sieben Newman-Kompositionen auf. Davon findet man auf dieser Folge zwei der von Ace Records ausgewählten frühen Songs, und sinnigerweise mit „Tickle Me“ das Lied, bei dem Newman mit tickle eben nicht kitzeln meinte!
Besagte Gene-Pitney- und Alan-Price-Hits hatte man schon auf „On Vine Street“ präsentiert, „Mama Told Me Not To Come“ dort auch, allerdings nicht den bekannten Millionenseller, sondern die Ur-Aufnahme von Eric Burdon & The Animals für „Eric Is Here“, 1967 nur in Amerika als LP erschienen. Einziger Hit, den man diesmal in die Auswahl der mehr als zwei Dutzend Aufnahmen mit einbezog, ist „Anyone Who Knows What Love Is (Will Understand)“, 1964 für die famose Irma Thomas ein Erfolg sowohl in der Rhythm’n’Blues- als auch in der Pop-Hitparade. Die Wertschätzung, die renommierte Kollegen dem schon ungemein vielseitigen Songschreiber entgegenbrachten, dokumentiert Vol. 2 aber schon mit den vielen hier vertretenen Namen.
Die obskurste Aufnahme hier dürfte das ein einziges Mal, dafür aber von Ella Fitzgerald in London eingespielte „I Wonder Why“ sein (nicht dem Dion & The Belmonts-Hit mit demselben Titel nachempfunden). Weil Produzent Richard Perry darin offenbar weniger den Gospelsong sah, modellierte er das alles mehr nach „Let The Sunshine In“-Vorbild, wohl um Ella 1969 so einem jüngeren Publikum nahezubringen. Wie in den Liner Notes angemerkt, nahm sie für die LP „Ella“ auch gleich noch „Yellow Man“ auf. Aber die reservierte man wohl – wie die Barbra-Streisand-Aufnahmen von „I’ll Be Home“ und „Let Me Go“ für eine mögliche nächste Folge der Serie. Dafür findet man „Let Me Go“ in der eher noch rareren Aufnahme der Box Tops. Für Fans dürfte der Song in seiner eigenen, von Dave Grusin produzierten Aufnahme zum Soundtrack von „The Pursuit Of Happiness“ eine der größeren Entdeckungen in dem Box-Set „Guilty: 30 Years Of Randy Newman“ gewesen sein. Auch eine Vorstudie zu „Guilty“, fand der Meister den Song offenbar so gut, dass er ihn dann kürzlich noch einmal – für sein „Songbook Vol. 1“ – aufnahm. Aber die groß orchestrierte Urfassung war natürlich die bessere.
Wieviel Freiraum Newmans Schwager Lenny Waronker damals Van Dyke Parks – als graue Eminenz hinter mehr als einer Warner-Bros.-Produktion – ließ, ist bei den Aufnahmen von Harpers Bizarre („Happyland“) und den Beau Brummels (das 1968 in Owen Bradleys Barn aufgenommene „Bless You California“, das so überhaupt nicht nach Nashville klingt) nicht zu überhören. Den Everly Brothers legte Waronker im selben Jahr „Illinois“ nahe, als sie für ihn die LP „Roots“ aufnahmen. Solche Empfehlungen musste er Harry Nilsson gar nicht erst geben. Wie bei den Everly Brothers saß der von ihm bewunderte Kollege am Piano, als er die LP „Nilsson Sings Newman“ aufnahm. Die Kostprobe aus derselben ist hier „Cowboy“, richtig filmisch in Szene gesetzt, als wollte man vorab mal eine Sequenz für „The Last Picture Show“ proben.
So kongenial wie Harry geriet nicht alles, was Kollegen damals aufnahmen. Lou Rawls gelang die Deutung von „Let’s Burn Down The Cornfield“ entschieden besser als Linda Ronstadt die von „No One Ever Hurt This Bad“. Ihre große Klasse demonstrieren bei dieser Retrospektive Bobby Darin und Liza Minnelli. Die Doobie Brothers wiederum klauten für das Arrangement von „The Beehive State“ noten- und soundgetreu und absolut schamlos bei Fleetwood Mac und „Oh Well“, als sie das für ihr Debüt aufnahmen. So hat man Randy-Newman-Vorlagen weder vorher noch später je gehört!
(Ace/Soulfood)
Franz Schöler