Diverse – Dead Man Walking OST
Als sich Tim Robbins an die Verfilmung des Buches „Dead Man WaIking“ von Schwester Helen Prejean machte, wusste er nur, was er für den Soundtrack nicht haben wollte: auf ein wunderbares Leben nach dem Tode vertröstende Gospelgesänge. Das wäre seiner Sicht der letzten Dinge eines zum Tode verurteilten Mörders diametral entgegengelaufen und hätte die im Drehbuch implizierten Überlegungen zur Todesstrafe auch komplett konterkariert. Er kannte das von Vishwa Mohan Bhatt und Ry Cooder eingespielte Album „A Meeting By The River“, und eine ähnlich spirituelle Atmosphäre schwebte ihm für den Soundtrack vor. Am Ende benützte er für den eines der Instrumentals dieser Platte, „Isa Lei“.
Bei den übrigen Aufnahmen handelte es sich um Adaptionen von Traditionals, schon vorliegende Aufnahmen von Nusrat Fateh All Khan, von demselben ein paar neue mit David und Tim Robbins geschriebene Songs (bester davon „The Face Of Love“) und das zusammen mit Eddie Vedder komponierte „The Long Road“. Parallel dazu wandte er sich an einige von ihm sehr geschätzte namhafte Songschreiber mit der Bitte, sich zum Rohschnitt des Films doch den einen oder anderen Song einfallen zu lassen. Eine der eindrucksvollsten wurde Steve Earles Zuchthauswärter-Klage „Ellis Unit One“, ein episches Lamento, das den grimmigen Realismus des Films kongenial reflektierte wie das von Bruce Springsteen aus der Sicht des bald dem Tod begegnenden Knastbruders gesungene „Dead Man Walkin'“ auch. Lyle Lovett („Promises“) und Mary Chapin Carpenter („Dead Man Walking (A Dream Like This)“) appellieren mit ihren Liedern an einen gnädigen, hoffentlich verzeihenden Gott, während in Tom Waits“ „Walk Away“ das Böse (die Sünde, der Mord) das Böse gebiert und seine Mörderballade „The Fall Of Troy“ auch keine Erlösung verheißt.
Thematisch eher locker inspiriert mutet das an, was die Damen Michelle Shocked und Suzanne Vega beisteuerten. Die zentralen Songs sind letztlich der von Ry Cooder fantastisch produzierte mit Johnny Cash und die beiden von Eddie Vedder und Nusrat Fateh Ali Khan, die mit neu eingespielten Overdubs aufwartenden Edits von „The Face Of Love“ und „The Long Road“, die man gar nicht anders denn als zutiefst religiöses Bekenntnis verstehen kann. Während der mürrische Tom Waits beklagt, es sei halt mit Menschen immer dasselbe wie mit Pferden und Hunden – sie wollen einfach nicht sterben! -, bieten Khan und Vedder eine schon ziemlich überwältigende Variation zu dem mal vom Apostel Paulus niedergeschriebenen Hohelied der Liebe. Nie war in Vedders Stimme mehr Sehnsucht als bei „The Long Road“. Dem bei dieser Remaster-Edition als Zugabe das bislang unveröftentlichte „Dead Man“- aus der Sicht desselben praktisch bereits Toten vorgetragen – folgen zu lassen, ist schon heftig.
Die umfangreichere Zugabe auf dem zweiten Plättchen enthält nicht den ursprünglichen Soundtrack, sondern den Mitschnitt eines unter dem Motto „Not In Our Name“ veranstalteten Benefiz-Konzerts zugunsten des Death Penalty Discourse Network und der Organisation Murder Victims‘ Families For Human Rights. Damals leider nicht mit von der Partie: Cash, Cooder, Springsteen und Waits. So sind die Höhepunkte wieder die Khan/Vedder-Duette, die Auftritte von Steve Earle und Lyle Lovett sowie der von beiden vorgetragene Townes Van Zandt-Song „Lungs“. Als Gastgeber überzeugten die Nonne und der Regisseur dabei Steve Earle so nachhaltig, dass er mit Schwester Helen Monate später an einer Tournee gegen die Todesstrafe teilnahm.
Was wiederum Zeitgenossen, denen dies immer schon klangliche Sahneteil bislang entgangen war, durchaus erfreuen dürfte: Das Remastering lässt die Lieder jetzt noch mal zwei Klassen besser klingen,