Diverse – Songs For The Young At Heart

Kinderbücher, -fernsehserien und -songs haben als Inspirationsquelle im Pop eine lange Tradition. Von „The Wind In The Willows“ bis „Sponge Bob“. Schon die wortgewandtesten und gewitztesten britischen Songwriter der Sechziger, John Lennon und Syd Barrett, schöpften aus dem Repertoire ihrer frühen Jahre. Die beiden Tindersticks David Boulter und Stuart A. Staples kehren nun mit ihrer Auswahl von Kinderliedern und Titelmelodien aus britischen Radio- und Fernsehserien in Phase ihres Lebens zurück, als sie die verlorene Zeit noch vor sich hatten.

Natürlich singen sie die alten Lieder größtenteils nicht selbst, sondern lassen sie, um die gespannte Aufmerksamkeit ihrer Kindertage zu simulieren, von „Erwachsenen“ vortragen. Von Freunden und Kollegen aus dem Puppentheater, das wir Pop-Business nennen. Eine Idee, so einfach, dass eigentlich nur Kinder drauf kommen können. „Songs For The Young At Heart“ ist trotzdem kein Album über die Kindheit, sondern eins darüber, wie es ist, wenn man merkt, dass man sie schon viel zu lange hinter sich hat und es allmählich Zeit wird, das „Neon“-Abo zu kündigen. So sentimental und berührend, so dunkel und an der Erinnerung an unbeschwerte Tage kratzend wie einige Vorträge der hier ausgewählten Lieder, ist dieses Album nichts für Kinder. Jedes Belle & Sebastian-Stück scheint unbeschwerter als Stuart Murdochs niedergeschlagenes „Florence’s Sad Song“, Kurt Wagner brummelt mindestens so dunkel wie auf „Damaged“, dem dunkelsten aller Lambchop-Alben, und der helle Kinderchor, der ihn begleitet, unterstützt die Tragik in seiner Stimme noch. Robert Forster macht aus „Uncle Sigmund’s Clockwork Storybook“ ein memento mori, der alte Romantiker Staples lässt das Wiegenlied „Hushabye Mountain“ nach großem Drama klingen. Und wie tieftraurig die Geschichte von „Puff The Magic Dragon“ wirklich ist, merkt man erst, wenn Bonnie „Prince“ Billy sie singt.

Nur selten kommt man raus aus dem Sinnen über die Vergänglichkeit. Unbeschwert nach „Immenhof“ klingt nur Cerys Matthews‘ „White Horses“, die englische Version des Titelsongs der Sechziger-Serie „Ferien in Lipizza“. Komisch ist einzig Jarvis Cockers Vortrag der Geschichte von „The Lion And Albert“, die stark an John Lennons surreale Gedichte aus den mittleren Sechzigern erinnert very twee.

Am Ende singt Stuart Staples noch einen eigenen Song: „Hey, Don’t You Cry“. Vordergründig ein Lied an seinen Spross, trost- und hoffnungsvoll. Und doch steckt darin die Trauer eines Mannes, dessen jung gebliebenes Herz in einer vergänglichen Hülle steckt.

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