Ed Sheerans „- (Subtract)“: Dokument der Trauer (Kritik & Stream) - Rolling Stone






Ed Sheerans „- (Subtract)“: Dokument der Trauer


Warner (VÖ 5.5.)


von

Nach diesem Album macht Ed Sheeran endlich Schluss mit den albernen Rechenzeichen. Das Minus-Symbol passt jetzt allerdings schon sehr gut: Das gesamte Album handelt von Verlusten und Verlustängsten und wie sie vielleicht auszuhalten sind. Gleich im ersten Song, „Boat“, wird klar, dass Gemeinplätze jedenfalls nichts bringen werden: „They say that all scars will heal, but I know/ Maybe I won’t, but the waves won’t break my boat.“ Wie ein Mantra wiederholt der Brite den letzten Satz – und so geht es 48 Minuten lang weiter: Er nimmt das Schicksal an, lehnt sich dagegen auf, versucht mit dem Flow zu schwimmen und kracht doch immer wieder gegen einen Felsen, der blöd rumsteht auf dem Weg zur Heilung.

Ed Sheeran hat  14 Songs geschrieben, die all die widersprüchlichen Gefühle der Trauer beschreiben

Kurzum: Ed Sheeran hat – meist gemeinsam mit Aaron Dessner (The National) – 14 Songs geschrieben, die all die widersprüchlichen Gefühle der Trauer beschreiben, und weil er Ed Sheeran ist, macht er das nicht mit komplizierten Worten, sondern sehr direkt. Man kann das banal finden, wahrscheinlich ist es einfach ehrlich. Oft geht halt nicht mehr, es gibt sowieso nicht die richtigen Worte, wenn alles schmerzt – davon handelt „Life Goes On“. Also träumt sich Sheeran frei in „Salt Water“ und beschreibt in „Eyes Closed“ (dem einzigen Stück, bei dem auch Hitmacher Max Martin seine Finger im Spiel hatte), dass gegen das Vermissen manchmal nur das Verdrängen hilft. Tanzen mit geschlossenen Augen, weil man dann vielleicht nicht merkt, wie sehr der Andere fehlt – ein Bild, das wirklich alle nachvollziehen können. Genau deshalb verkauft Sheeran Fantastillionen – und weil er keine Angst vor Oversharing hat. Er haut alles raus, was er fühlt. Hier eben viel Trauriges.

Hin und wieder, wie bei „Dusty“ oder „Curtains“, kommt ein kleiner Beat dazu, aber „-“ ist nun mal kein Party-Album, die Instrumentierung zwar opulent, doch der Grundton bleibt gedeckt. Die leisen Momente schlagen sowieso jeden Bombast – und natürlich ist es wieder die unverkennbare Stimme, die einen durch all diese Balladen trägt. Diesmal kippt sie bisweilen fast vor Verzweiflung, etwa wenn Sheeran in „End Of Youth“ die verlorene Naivität betrauert (und dass auch Wein keine Lösung ist). Am Ende steht Zuversicht, begleitet von einem zarten Klavier: In „No Strings“ feiert er die bedingungslose Liebe, mit dem Folkstück „The Hills Of Aberfeldy“ geht es danach in die schottischen Highlands.

Der letzte Satz lautet: „And I know you will never find/ Another heart that wants you more than mine.“ Dann geht die Sonne doch wieder auf.


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