„Eine Familie, irgendwie“ :: Print-Pop von Frank Schäfer

(Klett-Cotta, 18Euro)von Tony Earley kompiliert „Fast wahre Geschichten“. Autobiografisches also, das deshalb nur „fast“ wahr ist, weil Earley einräumen muss, dass seine Erinnerung ihn vielleicht manchmal trügt, nicht etwa, weil er der Realität absichtlich auf die Sprünge geholfen hätte. Und man merkt diesen Texten durchaus an, dass sie nicht pointiert oder mit Sensationswerten aufgebezelt wurden, so schlicht und so unbedingt glaubwürdig erzählt er hier vom kargen Farmleben seiner Granny, von der ersten Hirschjagd, von seiner Schwester Shelly, die immer zornig ist, als wüsste sie die ganze Zeit, dass sie nicht lange leben würde, und von seiner Sozialisation vor dem Fernseher.

Gleichwohl gelingt es ihm immer, dieser totaler Profanität etwas Poesie abzutrotzen, eine staubige, schrundige, allemal sentimentalische Traurigkeit und Würde. Und man fängt beinahe an, Earley für einen großen Autor zu halten, bis nach der ersten Hälfte des Buches seine Prosa einen unguten Hau ins Pietistische bekommt. Da hat dann all seine Levitationskunst auf einmal nur eine Funktion: zu beweisen, dass der alte Graubart im Himmel es hienieden irgendwie doch ganz gut eingerichtet hat, dass es Hoffnung gibt und dass wir nur dran glauben müssen, eben weil wir irgendwann dran glauben müssen. Diese unsägliche Bigotterie schleicht sich so schnell, wie sie gekommen ist. Nach drei Geschichten ist er wieder bei den Dingen – und nicht bei den letztenl Jedoch ein Makel bleibt.

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