Elbow -AsIeep In The Back
Die beiden EPs, „Newborn“ und „Any Day Now“ ließen bereits Großes erahnen. Dass der Schatten, den Elbow mit ihrem zumindest in Großbritannien heiß ersehnten Debüt „Asleep In The Back“ werfen würden, nun allerdings so lang geraten ist, konnten höchstens Träumer prophezeien.
Dabei ist das in Manchester gegründete Quintett um Sänger und Gitarrist Guy Garvey die schätzungsweise
hundertste neue Hoffnung aus England. Wer hat da Zeit und Muße, genau hinzuhören, jedem Zwischenton, jedem Atemzug die ihm gebührende Aufmerksamkeit zu schenken? Elbow nötigen gleichermaßen zu Sammlung und Kontemplation wie sie dazu zwingen, leidige Vergleiche zu bemühen: das Spätwerk von Talk Talk. Pink Floyd. Red House Painters. Tortoise. Coldplay. Radioheads „Kid A“. Die schwerelosen Beach Boys-Reminiszenzen auf Grandaddys „The Sophtware Slump“. Die singenden Sägen auf Mercury Revs außerirdischen „Deserter’s Songs“. Die Rede ist von Spinnern und von Käuzen, von Eigenbrötlern und von AusgefÜppten, belächelt ob ihrer Eigenheiten, beneidet um ihre Narrenfreiheit.
Auch Elbow sind leicht zu verlachen: Für zwölf Stücke lassen sie sich 70 Minuten lang Zeit – und doch ist dies nicht eine einzige Minute zuviel. Guy Garvey singt über Altersdemenz und die Frau, die er liebt bis in den Tod. Er sinniert über den betäubenden Unsinn des Mädchenaufreißens. Er barmt und fleht, mal emphatisch wie im wundervollen „Red“, mal verschlafen und benebelt wie in „Don’t Mix bur Drinks“. „Any Day Now“ ist eine hypnotische Dub-Fingerübung, „Powder Blue“ ein Song über ein Pärchen im gemeinsamen Drogenwahn, symphonisch und ergreifend. So geht es auf und ab. Die kaputte Industrie-Romantik Manchesters wird noch für unzählige Geschichten gut sein.
„Asleep In The Back“ ist eine Platte wie ein modernes Großstadt-Märchen. Sie wird sich verkaufen wie geschnitten Brot oder absaufen wie ein leckgeschlagenes Schiff im Meer.