Electrelane – No Shouts, No Calls

Ein Bass pumpt den Song eifrig auf, eine Orgel surrt stoisch, eine Gitarre klimpert vor sich hin, ein plötzlich lospolterndes Schlagzeug gibt sich nicht wirklich Mühe, den Takt zu halten. „I saw you waiting for a train/ And then you disappeared/ Face pressed up to the window“, singt Verity Susman und scheint dabei irgendwie immer einen Halbton daneben zu liegen. Holprig geht es zu bei dem Song „To The East“. Und dennoch ziehen einen Electrelane mehr und mehr mit sich fort, verwirbeln einem die Sinne und lassen einen schließlich staunend am Bahnsteig zurück.

Paradoxe Erlebnisse wie dieses hat man auf „No Shouts, No Calls“ häufig, auch wenn sich das vor neun Jahren in Brighton gegründete Quartett auf dem vierten Album eigentlich weniger experimentierfreudig gibt als auf den Vorgängern, sich mehr an klassischen Songstrukturen versucht und mit der schrammelnden Ukulele-Nummer „Cut And Run“ einem richtigen Popsong verdammt nahekommt.

Electrelane bleiben dennoch ihrer Garagen-Interpretation von Post-Rock treu. Während Schlagzeugerin Emma Gaze immer wieder scheinbar unmotiviert mitten in den Nummern das Tempo anzieht oder verschleppt, begnügen sich Verity Susman am Keyboard, Gitarristin Mia Clarke und Bassistin Ros Murray meistens mit zwei Akkorden. Beim zur Snare unverdrossen lostrampelnden „The Greater Times“ genauso wie bei der ätherischen Piano-Ballade „In Berlin“ mit ihren verknoteten Gesangsmelodien oder dem von einer hypnotischen Klaviermelodie zusammengehaltenden „Saturday“.

Zu Höchstform laufen Electrelane jedoch vor allem, bei ihren eigensinnigen Instrumental-Nummern auf. „Five“ erweist sich beispielsweise als raffinierte Song-Dekonstruktion. Sie beginnt als lärmende Auseinandersetzung mit einem Heavygitarre, dann bricht eine Ein-Ton-Orgel die Riffstruktur auf und wuchtet den Song auf eine andere Ebene. Dort übernimmt zunächst eine Bassfigur die Führung, dann lassen Electrelane den Beat langsam zum Stillstand kommen und bauen ihm um eine Neudeutung des Gitarrenriffs wieder völlig neu auf. Ein ähnlich vielschichtiges Monster gelingt in „Between The Wolf And The Dog“, das Metalriffs und Synthieoktaven, Black Sabbath und Elektropunk zusammenbringt.

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