Ella Fitzgerald & Louis Armstrong Ella And Louis :: Ein Jahr später sollten Ella Fitzgerald und Louis Armstrong auf Gershwins „Porgy & Bess“ ungleich expressiver agieren dürfen, doch war das Konzept dieser LP von 1956 ein unmissverständlich anderes, von Zurücknahme und Zartheit geprägtes. Produzent Norman Granz hatte elf ausgesprochen sittsame Standards ausgewählt und das Oscar Peterson Quartet angewiesen, so unauffällig zu spielen, dass die Musik nie in den Vordergrund gerät. Den Vokalisten gab er auf, den federleichten Arrangements gesanglich gerecht zu werden. Und so hört man Ella ungewohnt weich singen, Satchmo leiser gurgeln und trompeten als sonst, auf daunigen Songs wie „Under A Blanket Of Blue“, „Tenderly“ oder „Cheek To Cheek“, während Buddy Rich am Schlagzeug nicht ohne Erfolg versucht, bloß keinen Lärm zu machen, nur ganz sanft zu swingen. „A quiet, Sunday-go-tomeeting record“ sei „Ella And Louis“, resümieren die Liner Notes. Eine Hängematte von einer Platte, für Leute, die dafür die nötige Muße haben. (Verve/Universal)
Ein seltsames Sammelsurium mehr oder minder gelungener Bemühungen Donovans, in der sich rasend schnell verändernden Musikwelt der Spätsechziger noch als irgendwie relevant zu gelten. Wobei der stolpernd rockige Title-Track mit der Jeff Beck Group im UK tatsächlich zum Hit avancierte, im Sommer 1969, indes die kindlich ambitionierte, nicht kitschfreie Saga „Atlantis“ zuvor mehr deutsche als britische Singles-Käufer angesprochen hatte. Nicht alles auf „Barabajagal“ ist so banal wie „Superlungs My Supergirl“ oder so nervtötend repetitiv wie „Happiness Runs“, ein paar recht hübsche Melodien versöhnen durchaus. „To Susan On The West Coast Waiting“ erlaubt trotz textlicher Süßlichkeit und musikalischer Marshmellow-Yellow-Softness sogar wiederholtes Hören, sofern man Mädchen ist oder eine sentimentale Ader hat. Blumen gegen den Krieg, das war damals, in prä-zynischen Zeiten, noch nicht lächerlich.(Epic/Music On Vinyl)
Willie Dixons Songs waren weltbekannt, doch nur in den Coverversionen der Stones oder der Doors, was dem Chess-Allrounder zwar zu Geld, nicht aber zu Ruhm verhalf. Daran änderte dieses Album von 1970 nichts, im Gegenteil, es erwies sich als kommerziell nicht einmal kostendeckend. Künstlerisch war es jedoch sehr befriedigend für Dixon, erfüllte er sich damit doch den langgehegten Wunsch, „Back Door Man“,“The Little Red Rooster“, „Spoonful“ oder „I’m Your Hoochie Coochie Man“ in eigenen Interpretationen zu verewigen, an seiner Seite langjährige Gefährten wie Johnny Shines und Sunnyland Slim. „For the first time we hear Willie and his hand-picked crew of Chicago blues veterans in a program of his compositions exactly as he wanted them interpreted“, heißt es in den Liner Notes. Dixons Stimme, nicht gerade dazu prädestiniert, Töne zu tragen, ihnen Volumen zu geben, schleppt diese ins Ziel, mit grantigem Unterton zumeist, mit Innuendo immer. Abendfüllend, diese Subtext-Intonation! Als begleitende Lektüre sei Willies Autobiografie empfohlen. Die heißt ebenfalls „I Am The Blues“ und besticht nicht zuletzt durch trockenen Humor in Bezug auf seine Funktion als Wasserträger für Muddy Waters oder als Studio-Dompteur von Howlin‘ Wolf. Gutes Buch, gute Pressung. (Columbia/Music On Vinyl)
Ähnlich wie die Wailers ihre Schärfe und ihren Stilwillen einbüßten, als sie Jamaika verließen, um in London mit Rock-Reggae zu reüssieren, verloren die Meters etwa zur gleichen Zeit ihre Fähigkeit, Hitze zu erzeugen. „Cabbage Alley“ mag nach der heißesten Gasse von New Orleans benannt worden sein, doch war der ehedem fiebrige Meters-Funk 1972 merklich abgekühlt, war schwerfällig geworden, phasenweise apathisch. Allein Neil Youngs „Birds“ ist als Song erinnerungswürdig, obgleich zu laschem Wah-Wah-Soul vermantscht, der Rest besteht in Ermangelung tauglicher Songvehikel nur aus sich verselbstständigenden Grooves, von Allen Toussaint immerhin mit adäquat knalligem Sound ausgestattet.(Reprise/Music On Vinyl)
Robert Gordons Debüt-LP mit dem Altmeister der Rumble-Gitarre half, die Grundlage für das folgende Rockabilly-Revival zu legen, obwohl sich Richard Gottehrers Produktion an Pop-Klangbildern orientierte. Das Zügellose und die Wildheit der Liveshows wurden im Studio ausgebremst, der Roll zugunsten des Rock eingegrenzt. Und dennoch sprang ein ungeheuer vitales, noch heute begeisterndes Album dabei heraus. Das Reissue hat dank DMM-Cutting und exzellenter Pallas-Pressung keine klanglichen Defizite, doch meinte man bei Bear Family wohl irrtümlicherweise, die Platte mit Extras aufwerten zu müssen. Über Foldout-Cover und Bonus-Track freut sich freilich nur, wer mehr am Preis-Leistungs-Verhältnis interessiert ist als an Authentizität. Dasselbe gilt für „Fresh Fish Special“, Gordons zweite LP von 1978, im selben Hause wiederveröffentlicht. (Bear Family)
Das erste, äußerst vielversprechende Album der jungen Song-Klassizistin aus Arkansas erschien 1992 und fiel mithin in jene „deplorable Ära der Tonträgerindustrie“(Neil Young), als Musik fast nur noch digital gefertigt und veräußert wurde. Nun mit Verspätung auf Vinyl veröffentlicht, kommt „Infamous Angel“ allerdings nicht zu spät, denn Musik wie Material könnten ebenso heute oder vor 50 Jahren ersonnen, gespielt und gesungen worden sein. Die Carter Family stand Pate, DeMent erinnert an sie im besten Song „Mama’s Opry“, einer Ode an die Mutter eigentlich, ergreifend gesungen und veredelt mit den Harmonies von Emmylou Harris. Auch dem sterbenden Vater wird ein Denkmal gesetzt, tränenbenetzt und doch ohne Weinerlichkeit. Produzent Jim Rooney hatte mit Al Perkins, Jerry Douglas und Roy Husky, Jr. einige der besten Pickers aufgeboten, die in Nashville zu heuern waren, entsprechend zeitlos stimmig ist das Setting für Songs ebensolcher Güte. (Plain Recordings)