SOFTROCK, ALS FOLK GETARNT

Es ist immer wieder erstaunlich, welche Bands aus dem erweiterten Indie-Kosmos sich in den deutschen Charts durchsetzen. Ohne YouTube-Hype oder fette Marketing-Kampagnen. Etwa das Westcoast-Quartett Family Of The Year, das mit der Single „Hero“ immerhin gegen James Blunt oder Tanzbären wie Jason Derulo antreten musste. Auf den ersten Blick sieht alles nach einer freundlichen Neo-Folkband aus, die vor 134 Checker-Fans im amtlichen Kellerclub spielt. Kein Retortending, sondern bereits 2009 gegründet. Zwei songschreibende Brüder, ein bärtiger Gitarrist und eine schöne Keyboarderin gehen erst mal als unverdächtige Hippies durch. Das selbstverlegte Debüt „Songbook“ signalisiert Bodenhaftung, auch der Nachfolger „Loma Vista“ gehört durchaus ins vielschichtige Universum von Fleet Foxes und Konsorten. Den Unterschied macht die prall produzierte Single, die zudem mit süßlichen Sahnehäubchen versehen ist. Ein anschwellendes Wohlfühl-Paket. Und hier scheint das Crossover-Geheimnis zu liegen: Wenn schon analog daherkommende Klimper-Gitarren, dann bitte mit einem satten Refrain, der sich aus einem dichter werdenden Rhythmus hochschraubt. Mumford & Sons machen das auch so, nur hektischer und eckiger. Insofern sind Family Of The Year so etwas wie eine späte Essenz des Neo-Folk-Booms. Und nun darf Arm in Arm geschunkelt werden, Feuerzeuge gehen hoch. Die bewährten Kniffe der Softrock-Strategen zünden noch immer, wenn man eine beständig tourende Underground-Band in eine veritable Singles-Truppe verwandeln will.

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