F.S.K.

„Topsy-Turvy“

Buback (VÖ: 13.10.)

Zwischen Frisurfragen und Chic in Zeitlupe

Nicht zu glauben? Es gibt sie immer noch, die Freiwillige Selbstkontrolle aus München. Seit 43 Jahren. In Originalbesetzung! Während anderen Bands in all den Jahren das Personal auch des Schnitters wegen allmählich ausging, haben F.S.K. ihres en passant sogar aufgestockt. Carl Oesterhelt trommelt seit 1990 fest für die Band. Und wie Oesterhelt hier trommelt, auf dem mutmaßlich 17. Album des Quintetts, ist für „Topsy-Turvy“ durchaus maßgeblich.

Eine Stimme zur Zeit, bei der man erst merkt, wie sehr sie gefehlt hat, wenn sie sich mal wieder zu Wort meldet

Nehmen wir „Claude Lanzmann (und sein Bruder)“, das in die französische Intellektuellenszene einer anderen Zeit zurückführt und doch in der Erinnerung an den Mittachtziger-Dokumentarfilm „Shoah“ ganz in die heutige passt. Über sechs Minuten wird das Stück quasi nur von Oesterhelts Bassdrum-Doppelschlag gehalten. Ähnlich das Instrumental „Home Office“, ein verzwickter Shuffle, den Justin Hoffmann (sonst Regent kühler Synth-Sounds) mit einem Jazz-Exkurs am Klavier bespielt. „Das Parlament der Dinge“ wiederum klingt wie Chic in Zeitlupe, mit leichtem Sprung im Groove. „Mein Sofa hat mit mir ein Problem“, singt Michaela Melián. Später gibt’s sogar noch Handclaps, damit alle schön mitsingen können.

Youtube Placeholder
An dieser Stelle findest du Inhalte aus Youtube
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

Im Titelstück steht die Welt sieben Minuten lang kopf, wenn die Sau den Metzger ins Schlachthaus bringt, der Affe den Schausteller tanzen lässt und die Frau unterm Pantoffel steht. Wobei „topsy-turvy“ ein alliterierend schöner, aber für den Gang der Dinge möglicherweise doch zu euphemistischer Ausdruck ist. Aber selbst Frisurfragen können ja Futter für ein bisschen Agit-Pop sein. „Nicht verneigen, Stirn zeigen!“, fordern F.S.K., doch nicht ohne zu warnen: „wie ihn einst die Beatles trugen, kann auch das Gesicht verschlucken“. Nur bloß kein Fake-Pony! „Digital Benin“ (wieder dieser Oesterhelt-­Groove) ist dann ein wenig albern. Aber vielleicht kann man die Beutekunst-Debatte manchmal nur mit Kokosnüssen ertragen. Im 44. Bandjahr bleibt die F.S.K. jedenfalls eine Stimme zur Zeit, bei der man erst merkt, wie sehr sie gefehlt hat, wenn sie sich mal wieder zu Wort meldet.