Fairport Convention – Unhalfbricking :: Island

Irgendwann später galten sie ziemlich unisono als die herausragenden Vertreter des britischen Folk-Rock der späteren 60er Jahre. Dabei hatte das, was Fairport Convention auf dem Debüt-Album („Fairport Convention“, 4,0 ) – alles ausprobierten, herzlich wenig mit Folk-Rock zu tun! Da war etwa „The Lobster“ Jazz pur und „If (Stomp)“ lupenreine Lovin‘ Spoonful! Mit „It’s Alright Ma, It’s Only Witchcraft“

keinerlei Verwandtschaft mit Dylans „…I’m Only Bleeding“

demonstrierte Richard Thompson sein erklärtes Faible für Rock’n’Roll, Ian Matthews bei „Decameron“ seines für Folk Music.

In irgendeine begriffliche Schublade ließ sich da überhaupt nichts pressen, nicht die hinreißende Ballade „One Sure Thing“, jene drei Minuten der wahren Empfindung, derentwegen man sich den Namen der Sängerin Judy Dyble für immer einprägen sollte, und auch nicht die vielen Cover-Versionen schon relativ bekannterer (Dylan, Richard Farifia, Tim Buckley und Leonard Cohen) und allenfalls Eingeweihten geläufiger (Emmitt Rhodes, Joni Mitchell) Songschreiber. Ashley Hutchings hat vollkommen recht, wenn er in den Liner Notes nicht ohne Stolz behauptet, dass diese so gar nicht traditionalistisch gestimmte Band „music of almost suicidal variety“ mit „mindboggling complicated arrangements of ostensibly simple songs“ musizierte. Das mit den vermeintlich simplen Liedern stimmt natürlich. Während die Mamas And Papas öfter Vorlagen auf radiofreundlichen Wohlklang trimmten und dabei die Dienste einiger der bestdotierten Session-Cracks in Anspruch nahmen, waren das hier gestandene und jederzeit experimentierfreudige Musikanten, die genau dafür auch bestraft wurden.

Das Debüt war ein arger Flop und wird bis heute nur mit etwas herablassendem Wohlwollen als so was wie eine Vorstudie zur Sandy-Denny-Ara von Fairport Convention gelobt. Unter den Zugaben der Remaster-Edition: ein TV-Mitschnitt von Tim Buckleys „Morning Glory“ und ein knapp achtminütiger von Richard Fariiias „Reno, Nevada“, damals fester Bestandteil des Konzert-Repertoires.

Blues, mehr Traditionals und noch mehr Dylan- und Joni-Mitchell-Songs nahm man für „What We Did On Our Holidays“ (4,5 auf. Aber mit letzteren konnten sich die Eigenkompositionen locker messen, allen voran Sandy Dennys „Fotheringay“ und die von Richard Thompson. So definitiv wie später Rod Stewarts Aufnahme von „Tbmorrow Is A Long Time“ war hier Sandy Dennys Interpretation von Dylans „I’ll Keep It With Mine“. Das Demo von Muddy Waters‘ „You Gonna Need My Help“ – Thompson ausnahmsweise an der Slide-Gitarre – ist hier einer von drei Bonus-Tracks.

Das Über-Werk „Unhalfbricking“ war mehr noch als die Rückbesinnung auf traditionelle britische Folk Music ein halbes Jahr später mit „Liege And Lief der schöpferische Zenith dieser und jeder Fairport Convention-Besetzung. Gleich drei Dylan-„Tributes“ diesmal (das Remaster-Plättchen enthält außerdem das wunderbare Studio-Outtake von dessen „Dear Landlord“ und ein ebenfalls von Sandy hinreißend gesungenes der „Bai lad Of Easy Rider“ als Hommage an die Byrds), unsterbliches Liedgut von Sandy Denny („Autopsy“, „Who Knows Where The Time Goes“) und von derselben eine Interpretation des Traditionals „A Sailor s Life“, die so zu Tränen rührt wie John Fords trosdos endende filmische Seemannsballade „The Long Voyage Home“. No home should be without it!

Die Covers sind bei diesen Neuauflagen offenbar nicht vom orignal art work erstellt, sondern von LP-Hüllen – ausgebleicht und farblich verfälscht – reproduziert. Dafür ist aber das Remastering hier das beste, in dem man diese Platten je hören durfte.

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