Feit – Stains On A Decade

Ein Sampler und das Gesamtwerk der britischen Indie-Institution.

Ich weiß zwar nicht, von welchen Bändern diese Aufnahmen überspielt wurden und ob die Master Tapes womöglich bei einem Erdbeben in London verloren gegangen waren. Vielleicht wurden Alben von Feit auch gar nicht produziert, obwohl immerhin, unter anderen, der einstmals bekannte John Leckie verantwortlich zeichnete. Jedenfalls klingen die Felt-Platten noch so wie in den Achtzigern, als wir sie in oft kurzen Abständen auf den Plattenteller legten: ein schrummeliges Antidot zu Duran Duran und Phil Collins – aber auch zu den sozusagen künstlerisch wertvollen Bands jener beklagenswerten Zeit Feit waren hörbar Dilettanten mit einem Sänger, der nicht singen konnte und deshalb ähnlich wie Lou Reed klang, bloß nicht amerikanisch. Lawrence war eine mysteriöse Figur, ein Dandy wohl wie Jarvis Cocker, der ja damals auch schon Musik machte. Auf den ersten Platten war Lawrences monotones Phrasieren noch weit in den Hintergrund gemischt, falls es überhaupt Gesang gab, und so schön poetisch und literarisch das Quartett in den ersten Jahren auch klang es waren nur ein paar große Momente, manchmal ausgerechnet in kurzen Instrumentalstücken wie „Imprint“ auf „The Strange Idols Pattern And Other Short Stories“(3) von ’84. Die beiden vorher erschienenen Kurzwerke (sechs Stücke) „Crumbling The Antiseptic Beauty“ (2) und „The Splendour Of Fear“ (2) mäandern überwiegend als trübe, kopfhängerische Instrumentalmusik dahin, mögliche Inspirationen von Joy Division oder The Cure bleiben spekulativ. Ein Stück dauert schon mal acht Minuten und leiert redundant ins Leere. Mit der Teilnahme des Organisten Martin Duffy gemahnte „Ignite The Seven Cannons“ (3) 1985 fast an Lloyd Cole & The Commotions, es kam Schwung in den statischen Jingle-Jangle.

Erst 1986 jedoch gab es mit „Forever Breathes The Lonely Word“ (4) ein wahrhaft geglücktes Album. Im Jahr von „The Queen Is Dead“ interessierte das in England niemanden, obwohl mit „Let The Snakes Crinkle Their Heads To Death“

(3,5) gleich eine zweite Felt-Platte erschienen war. Das Mini-Album (die EP?) „Poem Of The River“ (4) von 1987 gehört zu den schönsten Arbeiten der Band.

Was uns zu der janusköpfigen, 1988 ganz und gar einzigartigen Platte „The Pictorial Jackson Review“ (4) bringt Auf Seite 1 die lakonischen Lawrence-Zweiminüter, lässiger denn je. Auf Seite 2 Martin Duffys Piano-Suite „The Darkest Ending“:

ein Ego-Trip! Und was für ein exzentrisches Werk. „Train Above The City“(3) enthält dagegen beschauliche Instrumental-Skizzen mit Piano und Vibrafon, Musik zum U-Bahn-Fahren an sonnigen Tagen, eine altmodische, vom Cool Jazz beatmete Musik – charmant und eher weltfremd. Eine Abschweifung.

Es folgte schließlich der ausgereifte, fast überschwänglich arrangierte Schwanengesang „Me And A Monkey On The Moon“ (4) mit einem anderen blassen Engländer, der im Hintergrund singt: Peter Astor von den Weather Prophets, die noch ärmer dran waren als Feit »I Can’t Make Love To You Anymore“ heißt er erste Song, Und Lawrence konnte wohl tatsächlich nicht mehr. Es war genug. Mehr hätte Professionalität bedeutet Die Ausstattung dieser Edition folgt der Schlichtheit der Vinyl-Ausgaben: simpler Karton-Schuber, kein Booklet, keine Texte. Feit wollten es wohl nicht anders. Auch die Singles-Sammlung „Stains On A Decade“, die Novität unter diesen Alben, begnügt sich mit dem Foto von einer Zapfsäule und einem dunklen Fenster in einer Mauer. Was für eine herrliche Metapher für die Bedeutung von Feit in den Achtzigern! Kein Ausblick, nirgends, aber diese kleine Tanke mit dem Petroleum der Poesie, dieses Understatement, diese Arroganz, dieses Nicht-mitmachen-Wollen! Feit waren die Smiths für den kleinen Verweigerer, der Morrisseys Gesten viel zu pathetisch und dröhnend fand.

Nicht alles auf der Welt muss wieder veröffentlicht werden, aber wer den Preis für die alten Felt-Schallplatten kennt, der wird sich über die bescheidenen Klapp-Pappen freuen können. Jedes einzelne Album braucht dagegen nur der, für den Felt-Musik einst Überlebensmittel war. Zeitlos – und das ist hier das Schöne – sind diese lebensunlustigen Songs gerade nicht.

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