Gordon Lightfoot – Harmony
Während man so dahinlebt, denkt man ja leider nicht: „Was macht eigentlich Gordon Lightfoot so? Muss ja auch schon mindestens 60 sein. Was war noch mal seine letzte Platte?“ Da Lightfoot seit 20 Jahren von der Kritik (und leider auch vom Publikum) nicht mehr wahrgenommen wird, war im September 2002 auch nichts von dem Schlaganfall zu hören, den er auf der Bühne in Ontario erlitt. Und nichts von den sechs Wochen, in denen er im Koma lag.
Gordon Lightfoot hat überlebt. Noch im Krankenhaus redigierte er sozusagen die Songs von „Harmony“, die er vorher schon mit der akustischen Gitarre entworfen hatte und die im Studio überarbeitet wurden. Der etwas zu glatte Klang dieser Lieder verrät dass die Musiker hier süffig ans Werk gegangen waren. Lightfoots Fassungen wären womöglich intensiver gewesen, jedenfalls präziser.
„Harmony“ ist die 20. Platte des Kanadiers und „die erste, die ich auf dem Rücken liegend aufnahm“. Anfang bis Mitte der 70er Jahre profitierte Lightfoot von dem günstigen Klima für Singer/Songwriter, aber schon 1962 hatte er in Nashville seine erste Platte aufgenommen. Es wurde eine respektable Karriere draus, immerhin gibt es auch ein schönes Box-Set, das vor ein paar Jahren auf Rhino erschien. Lightfoot hätte nichts dagegen, dass er vor allem als songsmith bezeichnet wird. Seine Songs haben sich nie weit vom Couchiching-See in seiner Heimat Orillio entfernt, dem er hier ein Lied widmet Ein großer Lyriker ist Lightfoot nicht – die Natur, die Liebe, ein mystisches Verständis für die Wechselfälle des Lebens sind seine Motive geblieben, auch auf dieser wahrhaft harmonischen Platte. Die Songs sind auf die altmodischste Weise sorgfältig und versiert gearbeitet, und sie sind nicht so versöhnlich, so abschiedswehmütig, wie sie zunächst klingen.
Vielmehr erzählt Lightfoot von verpasster Liebe, von Wolken der Einsamkeit, von Menschen, die nicht daheim sind, und von Freunden, die er nicht mehr besuchen wird. „Sometimes I wish that I could just forget/ But the memory lingers yet“
Bald werden sie solche Platten nicht mehr machen.