Jan Delay :: Mercedes Dance
Der quengelnde Hamburger sucht den Funk und duettiert mit Udo Treffender kann man es kaum sagen: „Ein neuer Jan, ein neuer Anfang/ Reggae ist tot, jetzt ist Funk dran“, nölt Jan Eißfeld alias Jan Delay gleich zu Beginn seines zweiten Soloalbums. Die Stimme des Eimsbüttelers ist dabei so einzigartig und wiedererkennbar wie kaum eine im deutschen Pop: ein quengelndes, nasales Bohren, getrieben vom Selbstbewusstsein des ultimativen Stylers. Nach dem politisch aufgeladenen Reggae-Werk „Searching For The Jan Soul Rebeis“ ist nun also der Funk dran.
Seventies-Funk, gespielt von einer Band, zu der auch die alten Weggefährten Mathias Arfmann und Tropf gehören. Das Spektrum reicht von der jazzigen Daddeligkeit der Meters bis zur Rasierklingen-Schärfe des ersten Dexys-Albums. Einen ähnlich großen Willen, alles einmal auszuprobieren, entwickelten Delay und Produzent Arfmann zuletzt auf dem Absolute-Beginner-Album „Flashnizm“. Zehn Jahre später klingt dieses Stilgefühl deutlich souveräner und abgeklärter. Das liegt auch an den emsigen DJ-Aktivitätendes Sängers und Rappers in den letzten zwei Jahren: Wer ein Tanzalbum machen will, muss eben den Dancefloor beobachten.
wissen welches Tempo, welche Beats, welche Stimmungen funktionieren.
Allzu modernistische, elektronisch avantgardistische Klänge wurden allerdings aussortiert. Das opulente „Mercedes-Dance Intro“ serviert trotzdem einen kräftigen HipHop-Beat, satte Synthie-Bässe und tighte Bläsersätze, die auch im weiteren Verlauf des Albums viel Freude machen. „Klar“ ist so herrlich überdreht, dass man fast an die Scissor Sisters denken muss. „Kartoifeln“ bietet eine amüsante Auseinandersetzung mit dem Wesen der Deutschen: „Ich bin ’ne Kartoffel und ich bin cool damit / Ich nehm‘ das Thema hin und schreibe noch ’nen Superhit/ Über dieses öde Gemüse und seine Eigenschaft/ Stärke zu besitzen, aber leider keinen Geschmack.“
Nicht nur bei diesem Song fällt auf, wie sehr Delays Stimme der von Cameo-Sänger Larry Blackmon ähnelt. Das Alltagsdrama „Kirchturmkandidaten“ mit seinem platt banalen Chor klingt dafür etwas zu sehr nach Deutsch-Rap Ende der 90er Jahre. Ein echtes musikalisches Highlight ist das lebenshungrige, an Dexys Midnight Runners geschulte „Feuer“. Leider jammert derText etwas zu sehr über die „bösen Ehefrauen“. „Für Dich“, eine gefühlvolle Coverversion des Rio-Reiser-Songs, zeigt deutlich mehr Frauenverständnis. Das finale „Am Arsch“ ist ein wunderschönes Duett mit dem Idol Udo Lindenberg. Sehr lakonisch, sehr passend, sehr verdient. Denn irgendwie ist Jan Delay ja tatsächlich so eine Art Meisterschüler des großen Wortspielers und Nuschlers. Auch wenn er mehr vom Funk versteht, (buback/universal)