Janis Ian – God &The FBl :: Die routinierte Songschreiberin kehrt nach schwerer Krankheit zurück

So schnell ging das damals, in den (un-)seligen Fifties. Der Herr Papa, ein Hühnerfarmer, wollte nur mit ein paar Kollegen die Eierpreise diskutieren – und schwupps, schon stand die ganze Familie auf der schwarzen Liste. Seine Tochter brauchte später neun Jahre, um an ihre FBI-Files ranzukommen, die freilich „enttäuschend dünn“ (Ian) ausfielen. Im Titelsong ihres 17. Albums rekapituliert Janis Ian die Paranoia jener Jahre, da selbst das Herz nicht vorm Fingerabdruck sicher war – und schließt damit auch den Kreis, der sie mit Songs wie „Society’s Child“ zur kämpferischen Hippie-Ikone machte. Eine Karriere wurde daraus im eigentlichen Sinne nicht – und doch gehört Ian zu den Frauen, die sich jenseits hurtigen Ruhms den Respekt wenigstens des fachkundigen Publikums erwarben.

Nach überstandener Krebs-Erkrankung hat Ian keine Zeit zu verlieren und sonst höchstens den Plattenvertrag. „Keiner kriegt eine vierte Karriere, und drei hab‘ ich schon gehabt“, weiß sie und knüpft klarsichtig die Fallstricke von „The Last Comeback“. Untergehen mit Stil und dabei mit drei heiping hands im eigenen Saft schmoren – so lautet die Devise. Nur das schamlos sentimentale „Memphis“ durchbricht die selbstverordnete Quarantäne. Und wie: Willie Nelson singt die zweite Stimme, Chet Atkins (!) spielt ein Chet-Atkins-Solo, Deana Carter dient als Co-Autorin.

Der Rest ist gewiss nicht Schweigen, „Boots Like Emmylou“ gar ein ausgesprochen hübscher Tribute nicht nur an Harris, sondern an die gesamte old school des Country. Ian bespöttelt die Avantgarde („Murdering Stravinsky“), feiert die patente Straßenkönigin Jolene“, übt sich nett rockend im emanzipatorischen Gleichschritt („Play Like A Girl“). „She must be pretty or worse“, ahnt sie den Verrat, umspült von nautischen Metaphern.

So weit, so schön. Doch so stimmig und kraftvoll manche Bilder sind, so gut ihre Stimme nach wie vor die kleinen Brüche und großen Verletzungen transparent zu machen weiß, so sehr wünscht man sich zuweilen eine Musik dazu, die nicht nur aus der Not eine wohltemperierte Tugend macht Aber vielleicht reizen einfach nicht alle Sujets so zu Aufbruch und Widerspruch wie „God & The FBI“. Zu Wahnwitz schon gar nicht.

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates