Japan – Adolescent Sex/Obscure Alternaties/Quiet Life/Assemblage

Am Anfang waren sie androgyne Bowie-Epigonen und Proto-Grufties mit Rattennestern auf den Köpfen und einem sehr vagen Kunst-Konzept. Das Hansa-Label veröffentlichte 1978 das Debüt-Album „Adolescent Sex“, auf dem Japan – noch mit dem Gitarristen Rob Dean – durch ein New-Wave-Land holpern, bereits auf die Paranoia der Vorstädte und die Zumutungen der Postmoderne („Television“) fixiert. Ray Singer produzierte, aber es war das bescheidene Vermögen der Musiker selbst, das ihnen eine bessere Realisation ihrer Vorstellungen verstellte. Jedenfalls kam ihnen der etwas grobschlächtige Groove der frühen Phase bald ebenso abhanden wie Sylvians zickiger Gesang. Ätherisch war es nicht. Der Song „Adolescent Sex“ wurde später mehrfach überarbeitet und so etwas wie ein Rock-Disco-Schlager – siehe „Assemblage“.

Im selben Jahr wollten Japan mit „Obscure Alternatives“ (3,5) ausgerechnet ein „Rock“-Album aufnehmen (als wäre „Adolescent Sex“ etwas Subtileres gewesen), weil man außerhalb von – genau – Japan kaum Notiz von ihnen genommen hatte. Hier gelangen muskulöse, dunkle Stücke wie die famose Reggae-Travestie „…Rhodesia“ und die innovativen Angst-Oden „Suburban Berlin“ und „The Tenant“. David Sylvian klang jetzt übergangsweise wie der junge Joe Jackson, bevor der überhaupt bekannt wurde. Erst bei der Live-Fassung von „Obscure Alternatives“ (unter den Bonus-Tracks) hört man, wie er seinen Stil entwickelt hat, wie das typische Sylvian-Timbre, das Dehnen und Verzögern auch die Musik verändert.

Bisher waren Japan eine beachtliche Band- mit „Silent Life“ (1979, 4) wurden sie eine bedeutende. Mit Giorgio Moroder hatten sie bereits „Life In Tokyo“ aufgenommen, doch das Album produzierte dann der Roxy Music-Mann John Punter, der Mick Karns Saxofon, Richard Barbieris Keyboards und Sylvians Gesang ähnlich drapierte, wie er es bei den großen Roxy-Alben getan hatte. Barbieris blubbernde Synthesizer und Karns Bass bestimmten den Sound bei Songs wie „Despair“ und „In Vogue“, die den Bands der Stunde vorauseilten. Die fiepende, etwas anämische Bontempi-Version von „All Tomorrow’s Parties“ passt zu diesem stillen, fiebrigen Nachtflug in ungeheure Gefilde; „A Foreign Place“ wurde aus dem Programm genommen und als Single-B-Seite herausgebracht (hier ein Bonus-Track). Die 80er Jahre waren eröffnet. Den Sound hörte man bei Depeche Mode, A Flock Of Seagulls, Heaven 17, Visage, Howard Jones wieder. „Assemblage“ (1981, 3) ist eine verfrühte Best-Of-Sammlung – vier Mixes und zwei Videos sind dieser Edition beigefügt. Alles Vorstudien für David Sylvians „Secrets Of The Beehive“, die hohe Schule des Zartgefühls.

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