Jason & The Scorchers – Halcyon Times
Was war noch gleich Cow-Punk? Vor allem so ein frecher Schweinefarmersohn aus Illinois, der mit Hut und Fransen-Hemd vor einem Hank-Williams-Plakat am Hintereingang der alten Grand Ole Opry grüßte und dazu durch Dylans „Absolutely Sweet Marie“ tobte, als wäre der Leibhaftige hinter ihm her. „Fervor“ hieß 1983 die große historische Sekunde von Jason Ringenberg und seinen Scorchers, der nur der langsame Abstieg bis zum Aus folgen konnte. Worauf Jason solo erst mit einem Bein in der Music-Row-Tür scheiterte, um dann auf eigene Rechnung einfach weiterzumachen.
Dem ersten Scorchers-Comeback („A Blazing Grace“, 1995) folgt nun schon das zweite, welches er, so Ringenberg, nur in Angriff genommen habe, um nicht länger von Gitarrist Warner Hodges damit genervt zu werden. Der ist auch der einzige Überlebende vom Original-Line-up, abgesehen von Ex-Schlagzeuger Perry Bags, der hier noch für ein paar Harmonies gut ist. Dafür spielt Dan Baird (Ex-Georgia Satellites) quasi den fünften Scorcher und darf den Akustik-Schunkler „When Did It Get So Easy (To Lie To Me)“ sogar singen.
Ansonsten ist auf „Halcyon Times“ nicht viel mit Akustik oder Americana. Denn Ringenberg hatte die Devise „I wanted to RAWK by God!“ ausgegeben und ist dabei auch nach einer Teilzeit-Karriere im Kindergarten (als Farmer Jason) immer noch aufgedreht wie ehedem. Nur von klassischem Hard-Rock-Shouting („Better Than This“) sollte er sich künftig fernhalten. Sonst knallt es ordentlich, zwischen ein bisschen Nostalgie („Golden Days“), White-Trash-Soziogramm („Moonshine Guy“), sentimental gefärbten Durchhalteparolen („Days Of Wine And Roses“) und Jason-typischen Geschichtsstunden („Beat On The Mountain“, „Mother Of Greed“).
Nashville bleibt natürlich auch nicht verschont. Über den „Twang Town Blues“ lacht vielleicht Johnny Cash von oben, wenn Ringenberg singt: „Tonight he’ll kill a six-pack just to watch it die …“ Diese historische Sekunde wird er trotzdem nie mehr einholen.