JAZZ von Klaus von Seckendorff

Ray Bryants „Tribute To His Jazz Piano Friend’s“? Nein danke, kein Mainstream diesmal. Deshalb eigentlich auch keine NEW YORK VOICES? „Sing The Songs Of Paul Simon“ (RCA) klingt vielversprechend. Aber von ein paar nett arrangierten Momenten abgesehen, bleibt das Vokalquartett mit dezenter Instrumentalbegleitung gewohnt brav und clean. 3,0

Die beste Jazz-Coverversion eines Paul-Sknon-Songs seit Ann Burtons „Something So Right“ aus den 70er Jahren finden sich in abenteuerlicher Nachbarschaft auf „Duplex Ride“, dem zweiten Duo-Opus der Sängerin SIDSEL ENDRESEN und des Keyboarders BUGGE WESSELTOFT. „Fifty Ways To Leave Your Lover“ – so intim-intensiv, daß den Zuhörern die Augen naß werden. Aber die beiden Skandinavier riskieren auch Improvisationen. Weisen der Ambient Music neue Wege. Lassen Soul-Songs wie „River“ und „Trying Times“ auf ganz eigene, minimalistisch-kühle Weise grooven. Radikal & rätselhaft, lyrisch & spannend – musikalische Magie pur für fortgeschrittene Portishead Fans. 4,5

Lautstärke hoch, „Sisu“ einlegen. Wie eine Handgranate schlägt die erste Nummer des vielseitigen TRIO TÖYKEÄT (Polygram) ein. Durchgeknallt auch der Ragtime des Pianisten, auf den unmittelbar subtiler Sibelius folgt. Das rockige „Pizzitaxi“ will der Finne mit vollem Mund komponiert haben. Finnfolk. Walzer. „Unfinnish Tango“, Pop – die drei Töykeäts trauen sich, albern zu sein oder sentimental – nach dem Motto: „Together We Are Stroganoff“. 4,0

Neben dem Label Bleu steht das Label Hopi (mit teils identischen Musikern) für die Eigenständigkeit der französischen Jazz-Szene. Der Pianist JEAN-MARIE MACHADO mischt Tablas in seine Version der „Bachianas Brasileiras“ von Hector Villa Lobos, in George Harrisons „Within You Without You“ und „Go Down Moses“ von Louis Armstrong. Das wirkt nur gelegentlich manieriert. Konsequenter verarbeitet er für die zweite Hälfte von „Chants De La Memoire“(Hopi/BISS) Irisch-Bretonisches zu einer keltischkammermusikalischen Suite. 3,0 Bläsergewitter, daß die Kundschaft erschreckt den Kopf einzieht: Mit „Masada 9“ (DIW/BIS) steht JOHN ZORN Coleman erheblich näher als Feidmann. Daß diese wilde Quartettmusik zugleich subtil gerät, dafür bürgen Dave Douglas (tp), Greg Cohen (b) und Joey Barin (d). 4,0

Und gleich noch eine Kultfigur der Avantgarde: KIP HANRAHAN hat den zweiten Teil seiner zwölfteiligen Reihe „Thousand Nights And A Night“ veröffentlicht. Carmen Lundy und Jennifer Resnick als „Erzählerinnen“, die Pianisten Michael Cain und Don Pullen vor dem Hintergrund abenteuerlicher Cross-Rhythmen eines ganzen Percussion-Geschwaders – verwirrend, und doch für Hanrahan-Verhältnisse geradlinig verlaufen die „Shadow Nights“ (american dave/in-akustik). Garantiert spannender als Pasolinis platte „1001 Nacht“-Erotik. 4,0

Sperrig, störrisch und doch sensibel aufeinander achten: Mit dem Saxophonisten JOE LOVANO und Kubas Piano-Hexenmeister GONZALO RUBALCABA haben zwei profilierte Individualisten zueinander gefunden: „Flying Colours“ (Blue Note) kommt ohne jegliche Klischees aus. Ein improvisationsbetontes Beispiel für das, was Thelonious Monk mit „Ugly Beauty“ anvisierte, mit einem Song, den die beiden übrigens zum Walzer umdeuten. 4,0

Auch KENNY WERNER verweigert sich allen gängigen Losungen. Mit „AMONSKI“ verrät der Pianist, wer ihm derzeit unüberhörbar nahe steht „Work Song“ ist ein Musterbeispiel, wie man einen Klassiker gegen den Strich bürstet, ohne ihm seine bodenständigen Ohrwurmqualitäten zu mißgönnen. „A Delicate Balance“ (RCA) zwischen Tradition und Moderne ist dem notorisch Unterschätzten da gelungen. 4,0

Ungewohnt luftig klingt CHARLIE HUNTER, der seine Achtseitige diesmal mit den Vibraphonklängen des Newcomers Stefan Harris kombiniert Natürlich ist auch „The Return Of The Candyman“ (Blue Notes) ein grooveverliebtes Album, das selbst bei Hip-Hop-DJs seine Chancen haben dürfte. Aber Hunter setzt weniger auf den imitierten Hammond-Sound, übernimmt auch seltener den Baß. 3,5

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