John Fogerty

Blue Moon Swamp

WEA

Creedence-Fans, relax andrejoke! Womit keiner mehr gerechnet hatte: John Fogerty, den wir verbittert und völlig desillusioniert wähnten, verschanzt hinter den hohen Mauern seines kalifornischen Domizils, hat sein Refugium schon vor Jahren verlassen und ist im Mississippi-Delta untergetaucht, auf der Suche nach seinem ultimativen Sound und nach peace of mind.

Beides hat er gefunden, Hallelujah, wovon „Blue Moon Swamp“ beredt Zeugnis ablegt. Der Sumpf gärt, der Voodoo wirkt. Dabei ist die Mixtur die alte, sattsam familiäre: bratziger, brodelnder Swamp-Rock und treibender Country-Blues. Der ganze misanthropische, mondsüchtige Romantizismus, aber rootsig intrumentiert und rassig gespielt. Nicht wie annodazumal, als die „Proud Mary“ wankend und nur mit Mühe manövrierfähig aus den Boxen fuhr, unsere an geraderer Rhythmik geschulte Motorik sabotierte und für Trunkenheit sorgte ohne einen Tropfen von irgendwas. Wir waren born on the bayou, ohne je dort gewesen zu sein. Genausowenig wie Creedence Clearwater Revival.

Zu jung waren Fogerty und seine Freunde und zu blauäugig, als der Erfolg damals über sie hereinbrach. Keine Zeit für Fragen, the hitsjust hept on Coming. Und als CCR 1972 auseinanderbrachen, stand John Fogerty, Mastermind der Hit- fabrik und gerade 26 Jahre alt, vor dem Nichts. Während er „Lodi“ geschrieben hatte und „Have You Ever Seen The Rain“, waren andere damit beschäftigt, die daraus resultierenden Pfründe zu sichern. Bad moon rising? You bet.

Für Fogerty allemal. Der Junge verstandt die Welt nicht mehr. Obwohl nichts Besonderes passiert war. Die Mühlen des music business hatten gemahlen, die Brote waren gebacken und verzehrt, nur der Kornlieferant ging leer aus. Und so bemühte er den Kadi. Endlose Klagen und Gegenklagen. Das schlüpfrige System war natürlich nicht zu packen, aber der juristische Schlagabtausch mit Saul Zaentz, dem Eigner des CCR-Labels Fantasy Records, trieb seltsame Blüten. Auf seiner dritten Solo-LP „Centerfield“ (zählt man „Blue Ridge Rangers“ als Solo-Werk) gab Fogerty Rachegelüsten nach und schmähte Zaentz in Textzeilen wie „He’ll steal your money“ (aus „Zanz Kant Danz“) oder „You bring no honor to the game“ (aus „Mr. Greed“). Worauf er prompt wegen Verleumdung verklagt wurde, auf die Kleinigkeit von 142 Millionen Dollar. Damit nicht genug. Zaentz ließ auch die Einkünfte aus der Hit-Single „The Old Man Down The Road“ konfiszieren, weil sich Fogerty darin einiger Akkord-Folgen aus „Run Through The Jungk“ bediente, eines CCR-Songs mithin, den John Fogerty selbst geschrieben hatte, dessen Rechte aber allein bei Zaentz lagen. Bizarr. Letztlich wurde die Klage auf Selbst-Plagiat zwar abgewiesen, aber Fogerty war fertig. Die besten Jahre seines Lebens, sagt er, hätten ihn diese juristischen Geplänkel gekostet Und die meisten seiner berühmten Songs besitzen noch immer die Krämer.

War „Centerfield“ noch voller Spannung und penibler Detailgenauigkeit, enttäuschte „Eye Of The Zombie“, Fogertys letztes Album von 1986, auf der ganzen Linie: die Lebensäußerung eines bös entnervten Mannes. „A perversion of the spirit of rock’n’roll“, nennt Fogerty heute seine Dauerfehde mit Zaentz und Konsorten, was immerhin zu der schönen Hoffnung berechtigt, daß die vielen Enttäuschungen noch keinen Zyniker aus ihm gemacht haben.

Mit „Joy Of My Life“ findet sich, ein Novum für Fogerty, gar ein Liebeslied auf „Blue Moon Swamp“, und das hitzeflimmernde „A Hundred And Ten In The Shade“ wird von den inbrünstigen Gospel-Stimmen der Fairfield Four geadelt Die Songs gehorchen wohl alten CCR-Mustern, doch an die Stelle der rumpelnden Robustheit von ehedem sind Arrangements getreten, die fast filigran zu nennen sind. Dobro und Mandoline, Lap-Steel und Sitar sind zu einem erstaunlich dichten Soundgeflecht verwoben, das den Delta-Charakter extrapoliert, ohne je poliert zu klingen.

Und jeder Track auf diesem Album hat ein eigenes Gesicht. Das Intro zu „Rattlesnake Highway“ etwa belehnt Jimi Hendrix, die Farfisa in „Walking In A Hurricane“ könnte von Augie Meyers stammen und würde jedem Sir Douglas Quintet-Album zur Zierde gereichen, und „Blue Moon Nights“ hat einen unwiderstehlichen Hillbilly-Elvis-Appeal. Unerwartete Freuden sind doch die schönsten.

Keep on chooglin‘.