John Lennon :: Plastic Ono Band

Alle Lennon-Solo-Alben als japanische Mini-Vinyl-Editionen

Mit ihrem Hang zur Verniedlichung und Diminuierung haben die findigen Japaner nun jene Lennon-Alben, die erst vor ein paar Jahren neu aufgelegt und ergänzt wurden, in der alten Vinyl-Aufmachung herausgebracht, komplett mit echt japanischer Banderole (auf der grüßt mal der Apple-Apfel, grüßen mal John & Yoko im Apfel). Ganz, ganz wunderbar. Auch das I n ner Sleeve, einst für die Schallplatte gedacht, liegt bei. Die Songtexte gibt es auf einem Faltblatt in japanischer und englischer Sprache, dortselbst auch die Tracklist — denn die folgt nicht den Original-Ausgaben, sondern Yoko Onos Fassung letzter Hand, also mit ergänzten Songs. „Live Peace In Toronto 1969“ (¿1/2) konnte leider nichts beigegeben werden, was den Horror des Jams von „Don’t Worry Kyoko (Mummy’s Only Looking For Her Hand In The Snow)“ und „John John (Let’s Hope For Peace)“ mildern könnte. Aber der „John & Yoko Calendar“ für 1970 wurde restauriert! Lennons bedeutendstes Album, „Plastic Ono Band“ (1970), liegt mit „Do The Oz“ und dem kruden „Power To The People“ vor; „Imagine“ (* * * *) enthält keinen weiteren Song, aber wieder das John-am-weißen-Flügel-Poster der ersten LP-Edition. Der konfuse Revoluzzer-Doppelschlag „Some Time In New York City“ (* 1/2) – bei dem Lennon den Iren in sich, die Frau als Nigger der Welt und Gefängnis-Insassen als neue Verbündete entdeckte – gibt es wieder im Gatefold-Cover, die zerfranste Übermutter-Yoko-Apotheose „Mind Games“ (**) ist eine beinahe rührende Regression, und „Walls And Bridges“ (1974, * * *) hat nun wieder die Zeichnungen vom kleinen John vorn drauf, nicht das Brillen-Foto (das ist auf der Rückseite zu sehen). „Rock’n’Roll“ (1975, **) ist ein Dokument verfrühter nostalgischer Sentimentalität (Lennon als Rocker in Hamburg) und zugleich Dokument des legendären Verlorenen Wochenendes (May Pang, Harry Nilsson, Los Angeles).

Es folgte der „Brot backende Hausmann“, es folgte „Double Fantasy“ (1980, * * *). Die Reihenfolge der Stücke im zweiten Teil der Platte wurde geändert; namentlich „Kiss Kiss Kiss“, „Woman“ und „Oh Yoko“ wurden geradezu spektakulär verschoben. Mancher hatte Lennon damals abgeschrieben (rordem8. Dezember 1980), aber es ist nicht nur seinem Tod geschuldet, wenn man in „(Just Like) Starting Over“, „Watching The Wheels“ und „Im Losing You“ seine besten Songs seit „Imagine“ erkennt.

Einige für die nächste Platte vorbereitete Stücke sind ähnlich stupend; Ono veröffentlichte sie erst 1984 auf „Milk & Honey“ (* * * 1/2) —neben ihren eigenen, stets entweder sehr skurrilen oder sehr kitschigen Songs (und einem Interview mit Lennon vom Todestag: „Indica Gallery“, Säcke, der Apfel, Sean, H-Bombe, Leben im Weltraum, die Sixties): „I’m Stepping Out“, „Nobody Told Me“, „Borrowed Time“, „My Little Flower Princess“. Eine neue, abgeklärte, kaltschnäuzige Radikalität kündigte sich an. Und die alte, sozusagen transzendentale Rührseligkeit blieb: Ehemann John sang zu Heimklavier und patschender Drum Machine „GrowOld With Me“. Es sollte nicht sein.

Doch noch immer sieht man vordem geistigen Auge John und Yoko durch den Central Park schlendern, und man hört „Woman“: ein Inbild des ewigen Friedens, eine Pietades erkämpften (und zerstörten) Glücks.

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