Justin Timberlake

Man Of The Woods

Zwischen Spießigkeit, Kitsch und Dancefloor: Timbaland und die Neptunes rühren dem einstigen Teen-Idol den Groove an

Ich glaub, ich steh im Wald. Gleich neben almighty Justin Timberlake, „Man Of The Woods“, der sich seine Löckchen einst zugunsten von Sexappeal abschnitt, in der Vergangenheit mit älteren Frauen Kleidungs-fehlfunktionen inszeniert und schon auf seinen drei vergangenen Soloalben aus großartigen Produzenten Wahnsinnsgrooves herausgekitzelt hat – unbestreitbar die besten, die bei einem weißen Ex-Teen-Idol überhaupt vorstellbar waren.

Doch was da los ist, in den Wäldern der Südstaaten, auf Timber-lakes neuem Album, da kriegt man die Holztür nicht zu! Von wegen erdige Country-Attitüde, die im Vorfeld befürchtet wurde. Stattdessen rühren die üblichen Koryphäen The Neptunes und Timbaland den Groove, piepst Timberlake in sexy Kopfstimme „Midnight Summer Jam“, während die Gitarre Nile Rodgers imitiert und Streicher den Beat untermalen.

Alicia Keys begleitet mit ihrem tiefen Samtorgan das Reggaeduett „Morning Light“. Bei „Sauce“ klingt das Riff nach En Vogue, während er „I love your pink, you like my purple“ singt – ist das vielleicht sogar irgendwie schmutzig gemeint? Oder geht’s doch um Gravy zum Truthahn?

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Man weiß es nicht beim selbst ernannten Familienmenschen, der im Video zum Titelsong, dessen Signature immerhin ein moderat gesampelter Slide-Gitarren-Sound ist, in Hinterwäldler-mütze und festem Schuhwerk über Baumstämme tanzt und auch sonst kein Country-Klischee auslässt. Spätestens bei „Flannel“, einer Romantikschnulze über das Tragen von Flanell-Männerhemden, das eine Frau „sich wie eine Frau“ fühlen lässt, während er, der Mann in der Blockhütte, sie doch nur warmhalten will, ist man verwirrt: Was denn nun, will er uns alle verführen oder doch nur seine Ehefrau? Und ist das Gebrabbel auf „Young Man“ wirklich sein Sohn?

Aber diese Ambivalenz zwischen Spießigkeit, Kitsch und four on the floor zeichnet Timberlake seit je aus – „Flannel“, das versteht man irgendwann, ist der Weihnachtssong der Platte, einer muss ja drauf sein, denn vor dem Fest bringt er bestimmt keine mehr heraus. (Für diese hat er fünf Jahren gebraucht.) Und so fließt und groovt dieses Album gradlinig durch den allein im Text behaupteten ländlichen Zusammenhang und schreit doch aus jeder Note Dancefloor.

Gut so. Den bärigen Countrytyp hätte man ihm eh nicht geglaubt. Dafür ist er auch mit 37 noch viel zu fickerig. (Sony)

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