Ken Stringfellow – Touched
Als Ken Stringfellow vor nun drei Jahren sein Solodebüt präsentierte, war das eine Revolution in eigener Sache. Der Sänger und Gitarrist aus Seattle hatte just die Posies zu Grabe getragen und musste sich dringend befreien von den engen Pop-Korsetts und den jeden Zufall vermeidenden Liedgerüsten seiner musikalischen Jugendliebe, und entsprechend verabschiedete sich „This Sounds Like Goodbye“ von allen klaren Konturen und wohlfeilen Konzepten.
Mittlerweile sind die Wogen geglättet – Stringfellow ist seit dem Ende der Posies als Sidekick umworben wie kaum ein zweiter in der Szene, gab als Mann für alle Fälle den angeschlagenen R.E.M. den Spaß am Kollektiv zurück, spielte mit Lagwagon und Minus Five und Big Star und der Orange Humble Band, und in dem kreativen Vielerlei mag sich der Krampf mit der eigenen Identität schnell relativiert haben.
„Tbuched“, die zweite Soloplatte von Stringfellow, findet jedenfalls scheinbar mühelos die Balance zwischen den gut organisierten Standards der Posies und dem Freiheitsdrang Stringfellows. Saitenkumpel Stringfellow kleidet seine untertriebenen Lieder mit melancholisch schrängelnden, stilsicher gestapelten Gitarren und charmant rumpelnden Trommeln in ein hübsches Lo-Fi-Kostüm und besticht am Ende mit einer gänzlich unaufdringlichen Schönheit, die bloß die Männer der zweiten Reihe so hervorbringen. „Down Like Me“, „This One’s For You“ und „Find Yourself Alone“ funkeln im Glanz klassischer Dramaturgien, „Uniforms“ befühlt harmonisches Randland, „Sparrow“ verbeugt sich noch einmal in der Weise der Posies vorm Gitarren-Pop der 60er Jahre, und all das ist in seiner melodischen Grazie dauernd berückend.
In eingekehrten Momenten hat Stringfellow den Flüsterton von Elliot Smith und ähnlich Musizierenden, deren Charisma sich eher im stillen Kämmerlein entfaltet als im grellen Scheinwerferlicht – eine Intimität, die Stringfellow braucht, der auf „Touched“ zuvorderst sein eigenes Leben besingt und von der mühevollen Läuterung des innen verdrehten Jungmanns zur reifen, beziehungsfähigen Persönlichkeit berichtet. Ein Bericht, dem zu lauschen sich unbedingt lohnt.