Lady Gaga

Mayhem

Interscope/Universal

Wild ist es nicht, aber gut fürs Schwitzen auf der Tanzfläche

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Ach Gottchen, ist das wild: „You’re an animal, put your paws over me, you Zombieboy”, Oder “You like the bad girl in me”, huhuhuuu. Oder “Turn off the lights/ I wanna feel the beast inside”, grroarr. Oder auch “Abacadabra, abacadabra, fell the beat under your feet.“ Ein bisschen ist es auf Lady Gagas siebtem Album wie mit den bellenden Hunden, die nicht beißen: Je mehr man von sich behauptet, wild zu sein, desto weniger kann man überzeugen. Der 38-jährigen Gaga, die jahrelang fleißig an ihrem Image als Bürgerschreck bastelte, merkt man auf „Mayhem“ die Müdigkeit an, die sich in den letzten Jahren bereits mit einer fortwährend weniger gebrochenen Hinwendung zum Pathos ankündigte.

Immer nur Dancefloor, immer nur Drama – das geht selbst bei Lady Gaga nicht ewig gut

Schließlich: Immer nur Dancefloor, immer nur Drama, immer nur gaga – das kann nicht ewig gutgehen. Wobei der Sound der 17 neuen Songs natürlich „gut“ ist, sogar besser als „gut“: Zusammen mit ihren Produzenten und Synthpop-Meistern Cirkut, Gesaffelstein, Bruno Mars, Andrew Watt und D’Mile liebkost Lady Gaga auf „Mayhem“ Disco, Electropop und New Wave, schmust mit Michael Jackson, Gwen Stefani, Roisin Murphy, INXS und ihrem eigenen jüngeren Selbst, singt sauber und leidenschaftlich, und wenn man die Platte durchlaufen lässt, schleppt man sich auf jeden Fall hinterher verschwitzt (und vermutlich glücklich) von der Tanzfläche.

Allein die Idee, das Ganze „Mayhem“ zu nennen und damit an Chaos, Verwüstung, Anarchie, Unordnung zu erinnern, verstärkt eine zwischen den Zeilen und den perfekt produzierten Beats aufflackernde, unpolitische und enttäuschende Pop-Biederkeit: Mittlerweile, vor allem in der momentanen Situation, müsste der Pop einer ausdrucksvollen und politischen Künstlerin wie Lady Gaga mehr bringen, als die eskapistische Exzessbehauptung auf dem Dancefloor zu feiern. Wenn das wirklich Mayhem ist, dann ist meine Oma die Königin von Pisa.