Louis Begley :: Schmidts Einsicht

Auch der Leser hat eine Einsicht nach dieser Schmidt-Fortschreibung: Louis Begley ist bestimmt kein großer Autor, weil er ein Stilist wäre oder ein Imaginierer, seine Prosa ist nicht elegant, nicht witzig und nicht schmuckreich. Weshalb fesselt uns das Schicksal dieses Albert Schmidt seit 1996 (und mehr noch nach Alexander Paynes Film, der sehr lose den Roman variiert)?

Begley, 78 Jahre alt wie sein Protagonist, protokolliert jede Geistesregung seines mürben Helden, der auf seinem Anwesen in den Hamptons der Zeit dabei zusieht, wie sie vergeht. Die Tochter hat er verloren, dennoch hofft er auf eine Versöhnung. Seine Geliebte Alice kommt aus Paris, Schmidt schickt einen dienstbaren Geist zum Flughafen; er hat das Essen vorbereitet, die Weine, das Gästezimmer. Alice schämt sich ihres körperlichen Verfalls seit ihrer letzten Begegnung, er will ihn nicht bemerken. Zwischendurch freut sich Schmidtie über Barack Obama und denkt an die Lage in Israel und den Palästinensergebieten, die „New York Times“ als Nabelschur zur Welt. Es ist eine gemächliche, aufrichtige Elegie über den Herbst des Lebens und die letzte Liebe, gewoben aus bittersüßen Erinnerungen an Freunde, Sexuelles und immer wieder Geld: Der einst erfolgreiche Anwalt gestattet sich keine jenseitigen Illusionen. Das ist das Brutale – und das Tröstliche dieser herben Spätlese. (Suhrkamp, 22,90 Euro) Arne willander

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