Love – Love Lost

Wer 1968 von seiner Plattenfirma enttäuscht zu dem neuen von Bob Krasnow und Tommy Li-Puma gegründeten Start-up-Unternehmen Blue Thumb Records wechselte, hatte bisweilen bald die böse Ahnung, vom Regen in die Traufe geraten zu sein. Erst bei A&M und dann bei Buddah, wechselte beispielsweise Captain Beefheart nach dem „Strictly Personal“-Intermezzo – nicht nur ein kommerzielles Debakel, sondern seinem Image auch so gar nicht förderlich – zu Reprise und damit erstmals zu einem Major Label.

Arthur Lee hielt es mit neuer Band-Besetzung ein Album mehr bei Blue Thumb. Als sich allerdings die Gelegenheit bot, zu Columbia zu wechseln, nahm er die sofort wahr. Aber die Platte, die er für die Firma aufnahm, wurde nicht nur nie veröffentlicht. Es existierte wie die zweite LP von Louie & The Lovers für Atlantic aus demselben Jahr (kürzlich von Bear Family als Zugabe zum Debüt auf CD publik gemacht) nur als Gerücht. „Lost Love“, Arbeitstitel „Dear You“, ist eine Platte, die es eigentlich nie gab.

Der Grund war simpel und ein eher unmusikalischer: Arthur Lee vermasselte es, indem er es seinem Kollegen und Idol Jimi Hendrix gleichtat. Der war zuvor mal mit seiner Truppe bei den Sessions zu „Electric Ladyland“ in New York glatt im Begriff gewesen, die Hit Factory von Jerry Ragovoy mit endlos vielen ausgedrückten

Zigaretten und jeder Menge verschütteten Alkoholika in einen Saustall zu verwandeln. Als der Produzent davon erfuhr, half alles Betteln nichts: Ragovoy setzte den Superstar samt Mannschaft vor die Tür.

Die Liner Notes zu „Love Lost“ drücken es eher dezent aus: Auch und sogar am Zustand der Multitracks, aufgenommen in den Columbia Studios C und D am Sunset Boulevard, sei die wenig disziplinierte Arbeitsweise von Arthur Lee und Band in den Monaten Mai bis Juli 1971 erkennbar. Die Konzession der Columbia-Manager, dass Lee sein eigener Produzent sein durfte, erwies sich als wenig weise.

Der Arbeitstitel deutet es an: Ein paar der Songs hier wie „I Can’t Find It“ erinnern an den Urschrei-Touch früher Solo-Aufnahmen von Lennon. Auch manche Demos muten da ein gutes Stück weit autobiografisch inspiriert und andererseits wie ein Versuch von Selbst-Therapie an. Wie beim folgenden Solo-Projekt „Vindicator“, für das Lee mehr als ein halbes Dutzend dieser Songs noch einmal aufnahm, ist die Bewunderung für Jimi Hendrix nicht zu überhören („Midnight Sun“ natürlich sein „Burning Of The Midnight Lamp Revisited“, der „Born Under A Bad Sign“-Klau „Looking Glass“ dagegen mehr Verbeugung vor Albert King und vor allem Cream).

Für all das etwa bei „Trippin‘ And Slidin‘ Ezy Ryder“ offenkundige Jam-Session-laissez-faire hatte man bei Columbia wenig Verständnis. Nach einem halben Jahr kündigte man Lee fristlos, die Bänder wanderten ins Archiv. Die Liner Notes erläutern das Scheitern des Projekts mit viel Rücksicht auf die Kultfigur Arthur Lee.

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