Madeleine Peyroux

„Bare Bones“

Es gibt Stimmen, die funktionieren wie ein fotografisches Gedächtnis, zumal die von Madeleine Peyroux. Kaum hat sich ihr schläfriger Alt in den ersten Song geschlichen, drängt sich dieses grobkörnige Schwarz-Weiß-Bild aus versunkener Zeit auf. Ihr Debüt „Dreamland“ bediente diese Projektion 1996 mit Covers von Bessie Smith bis Edith Piaf perfekt, bevor sich die auf den Straßen von Paris gestählte Sängerin aus Athens-Georgia auch an zeitgenössische Vorlagen von Leonard Cohen und Joni Mitchell wagte.

Album Nummer vier geht den nächsten Schritt. Für „Bare Bones“ schrieb Peyroux erstmals alle Texte selbst und konnte dabei- zum dritten Mal in Folge- auf den Beistand von Larry Klein als Produzent, Bassist, Co-Autor setzen, nebst den üblichen Studioverdächtigen von Dean Parks (Edel-Gitarrenlicks) bis Vinnie Colaiuta (Streichelschlagzeug). Da braucht’s nicht viel Fleisch am Knochen. Filetspitzen nur hier und da. Dieser kurze Dialog zwischen Geige und Hammond-Orgel („River Of Tears“). Das Wurlitzer-Solo („Love And Treachery“). Und, ja, sogar mal zwei Background-Sängerinnen.

Passt aber schon, zum vergleichsweisen koketten Off-Beat von „You Can’t Do Me“, den Walter Becker (Steely Dan) als Co-Autor kredenzt, nicht zu überhören im Klang eines Ensembles, das man nicht mehr wirklich hört, weil es einfach nur da ist. Also hört man auf diese immer noch aus der Zeit fallende Stimme, die in ganz eigener Sache auf die Lebenshilfe einer buddhistischen Nonne setzt. Sie wissen schon, alles verliert sich, alles für diesen Moment, auch wenn da mal ein paar olle Knochen dazwischenklappern, wie im stoischen „Damn The Circumstances“, mit dieser wunderbaren Bridge, in der Peyroux „bust“ auf „dust“ reimt und sich noch weiter zurücknimmt als es möglich scheint.

Den schönsten Dreh von Verlust als Pforte zum Nirwana gewinnt sie „I Must Be Saved“ ab. Sonst feiert Madeleine Peyroux ergriffen Obama („Somethin‘ Grand“), ist einfach erschütternd positiv („Instead“) oder riecht auch mal etwas komisch. Wie’s halt riecht, wenn Priviligierte von „Homeless Happiness“ schwärmen. Aber wahrscheinlich muss man das metaphorisch verstehen.(Rounder/Universal)