Marianne Faithfull :: Before The Poison

Wieder mit illustren Gästen wie PJ Harvey, aber ohne eigene Präsenz

Ein neues Album von Marianne Faithfull, das heißt neue Kollaborateure. Zuletzt halfen Beck, Corgan, Cocker und Albarn, die popkulturelle Relevanz in dieses Alterswerk zu hieven, und heraus kam die Platte „Kissin‘ Time“. Ein durchwachsenes Werk war das, auf der sich die freilich begabten Männermusen redlich mühten, die eigene Art mit der Faithfulls gut zu mischen.

Bei „Before The Poison“ sind die Erwählten mindestens ebenso hochkarätig: PJ Harvey liefert fünf Songs, Nick Cave drei, auch Studiomann Jon Brion und (wiederum) Damon Albarn sind je einmal vertreten, dazu gibt’s eine tolle Band. Obwohl nun jeder Komponist seine Lieder selbst produziert, ist PJ Harvey allgegenwärtig. Die ultranackten, verstimmten Gitarren von „The Mystery Of Love“, der Minimalpunk von „My Friends Have“, der seltsame Psycho-Folk von „No Child Of Mine“- all das ist so eigenartig karg, ungeschönt und kantig motzig, dass man gleich meint, die Harvey beim Singen zu hören.

Das ist das Problem! Nur selten auf „Before The Poison“ kann Marianne Faithfull der riesigen künstlerischen Kraft und raumgreifenden Präsenz ihrer Partner etwas Eigenes hinzufügen und wirklich heimisch werden in diesen sehr speziellen, sehr hermetischen Musikwelten. Das gilt auch für Caves Beiträge: Der warme Akkordregen von „Crazy Love“, die tiefschürfende Schönheit von „There Is A Ghost“, der eindringliche Wortschwall von „Desperanto“ – alles wunderbar! Aber mit Cave am Mikrofon wäre es noch wunderbarer. Faithfull, hier gar nicht mehr die Diva, schafft den verschiedenen Beiträgen mit einer gewissen brüchigen Wärme immerhin eine gemeinsame Grundlage. Aber bleibt doch auf der eigenen Platte eine Fremde.

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