Marilyn Manson

The High End Of Low

Universal

Die wenigsten Leute hören ja Platten von Marilyn Manson. Man beschäftigt sich mit dem Medienphänomen, macht sich eine Meinung zu Schock, Schmock und Bürgerschreck. Ist die Musik wichtig? Immerhin hat es in der Vergangenheit gelegentlich Singles geben, die nicht nur nachrangiges Element der Selbstinszenierung war. Der düstere Schlamm ist nicht per se attraktiv, wirklich nicht. Aber manchmal hat Manson seine kaputte Wut glaubhaft in Musik umgesetzt.

Die neue Platte, sagt uns der Künstler Brian Hugh Warner, sei sehr nah an ihm selbst, fast hätte er wohl „persönlich“ gesagt. Unglaublicher noch: Er attestiert sich selbst Optimismus. Vielleicht meint er damit, dass „The High End Of Low“ trotz des Sadismus, der Provokation und Geschmacklosigkeit irgendwie leichter klingt? Oder ist es die Freude über die Rückkehr von Twiggy Ramirez?

Die neuen Lieder von Marilyn Manson sind wie immer inhaltlich schockierend, wenn man ein moralischer Mensch ist. Eines heißt „I Want To Kill You Like They Do In The Movies“, Manson flüstert und meuchelt irre zu einem schleppenden Bass-Riff, das z. B. auch Jane’s Addiction hätten spielen können. Die Musik zu all dem ist der gewohnte Zwitter aus Alice Cooper, T. Rex und Depeche Mode. Subtil ist hier nichts, dafür erstaunlich simpel- und meistens in eben der Weise vordergründig, die dem durchschnittlichen Amerika doch durch die Kunstfigur Marilyn Manson erst gespiegelt werden soll. Eine unfreiwillige Übereinstimmung.

Immerhin: Der Ministry-artige Electro-Punk „We’re From America“- eine eher vorsichtige Nestbeschmutzung – stampft überzeugend. „Pretty As Swastika“ geht mit New Metal, Eighties-Elektronik und sinistrer Brutalität an die Kehle. Und der harte Industrial-Glam von „Arma-Goddamn-Motherfuckin-Geddon“ ist ein Standard, den Marilyn Manson schon lange gut können.

Insgesamt kann man also auf mittelmäßigem Niveau loben und sagen: Marilyn Manson haben eine Platte gemacht, auf der sich die Lieder gut voneinander unterscheiden. Aber es bleibt trotzdem nicht sehr viel, wenn man mit „The High End Of Low“ allein ist- ohne die Bilder, ohne die Verkleidung, ohne die Gesamtinszenierung.

„Everyone will come to my funeral to make sure that I stay dead“, singt Warner bei „Four Rusted Horses“ zu akustischer Gitarre und Mellotron-Flöten. Dass manche Menschen Marilyn Manson tatsächlich so ernstnehmen, ist die große Errungenschaft dieser Karriere. Eine fragwürdige natürlich.