Martha Wainwright Martha Wainwngh

Er hat sich, penibel glattrasiert und mit hochgeschlagenem Mantelkragen, irgendwie doch vorbeigeschlichen an der Zerbera am Eingang. Gut verborgen wartet der ungebetene Gast auf Ani, Fiona, Liz oder Ton, und dann sitzt auf der Bühne plötzlich diese Martha. My dear! „Tochter von Loudon III und Schwester von Rufus“, sagen die Frauen voller Hochachtung. Und er wundert sich nicht mehr, daß er sich bei ihren Liedern immer weiter in den Schatten zurückzieht.

Wie ein heimlicher Lauscher an der Wand erfährt er von ihren Hoffnungen und Sehnsüchten, von ihren Enttäuschungen und ihrem blanken Ensetzen. „Got your hands up all in my shirt, and you know that it hurts“, singt sie in „Ball And Chain“ – und der Mann im Dunkeln schämt sich stellvertretend. „There are no hats, gloves, scarves for the heart. just a cold wind which leaves its frosted mark“, klagt sie: an? Sind es vielleicht Typen wie er, die Mädchen wie sie in Eiseskälte erstarren lassen? „When you touch me there. I’m scared, that vou’ll see not the way that 1 don’t love you, but the way I don’t love myself‘, bekennt sie. Ihn beruhigt „TV Show“ nicht, das ist keinerlei Entlastung, hinter ihrer lächelnden Fassade erkennt er den tapfer verborgenen Vorwurf gegen seinesgleichen. Und keine verdammte Liebesbekundung könnte einem wie ihm mehr an die Nieren gehen als ihr verzweifeltes „Bloody Mother Fucking Asshole“.

Ihre Songs trägt sie wie selbstverständlich vor, manche Texte klingen wie notdürftig harmonisierte Raps, die sich ihren melodischen Lauf suchen, nie kanalisiert und stromlinienförmig, sondern winkelig und selbstbestimmt. Tiefe Emotionen reißen voran im Mäandertal. Ihre Gitarre bedient Martha ziemlich kunstlos, eher rhythmisch als feinsinnig. Aber wenn die Zarge so herzhaft am Brustkorb knarrt, ist das auch wie eine Ermutigung: „There’s a song, there’s a song, a little country song“ („This Life“). Ein bißchen Orgelei im Hintergrund, Baßtöne und Bottleneck-Gewimmer.

Nach ihren 13 Stücken fühlt er sich wie ungerecht demaskiert, das ist nicht unbedingt angenehm, er hatte sich dieses Y-Chromosom nicht ausgesucht. Aber das Metallica-Konzert wird nur der halbe Spaß werden.

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