Mike Ness – Under The Influences :: Der Social Distortion-Dynamo rockt kenntnisreich an Vorbildern entlang
Mike Ness ist der ultimative Fan. Gut möglich, dass er die Namen seiner Heroen als Tattoos am Körper trägt. Ganz sicher sind sie im Herzen versenkt, bestimmen seinen Puls und seine Passion für Musik. Er kanonisiert sie bei Konzerten, preist sie in Interviews, verneigt sich verbal in den Linernotes seiner Platten. The Ramones natürlich, The Clash und die Pistols. Und schon immer die Stones, Creedence, Johnny Cash. Mit Social Distortion hat er ihnen bereits Denkmäler gesetzt Seit seine Band indes auf Eis liegt (und stündlich damit rechnen muss, wiederbelebt zu werden), plündert Ness seine formidable Plattensammlung für solistische Hochämter. „Cheating At Solitaire“ liegt ja erst ein paar Monate zurück, da legt er mit dem ingeniös betitelten „Under The Influences“ hereits ein Sequel nach.
Hank Williams kommt wieder zu Ehren und mit ihm diverse Honky-Tonk-Poeten und Rockabilly-Pioniere. Von Harlan Howard über Carl Perkins bis zu Marvin Rainwater. Dazu werden ein paar Rock’n’Roll-Kastanien ins Feuer geworfen. „I Fought The Law“ zum tausendsten MaL Aber wer könnte den Rebellen besser mimen als Mike Ness? „Funnel Of Love“ zum hundertsten MaL Aber eben mit Punk-Attitüde, schmutzigen, kratzigen Gitarren und meilenweit entfernt von WandaJacksons Melodie-Sex. AP. Carters „Wildwood Flower“ verliert durch Mikes Attacke weit mehr als es gewinnt, andererseits macht Marty Robbins‘ Gunfighter-Ballade „Big Iron“ im Punkabilly-Galopp eine Menge Sinn. Am Ende gibt’s mit „Ball And Cham“ noch ein Ness-Original, mit dem sich der Westcoast-Punkrocker in die eigene Ikonographie einreiht. Mike Ness darf das.
Hätte man ihn zum Kurator der „Rock’n’Roll Hall Of Farne“ bestellt, dann wäre das eine würdige Veranstaltung geworden und eine denkwürdige. Nicht die merkwürdig farcierte Trutzburg des Massengeschmacks, die jetzt in Cleveland steht. Marvin Rainwater kommt dort nicht vor. Die Bee Gees schon. Denn sie wissen nicht, was sie tun. 3,5