MOBYLETTES – Kicking The Cloud Away; THE MOULINETTES – 20 Blumen :: ELBTONAL/INDIGO; MARINA/INDIGO

„Mädchen haben all den Spaß“, das wissen wir aus den 80er Jahren. Und von den Spiee Girls haben wir gelernt, daß sie bei der Endlösung der Spaßfrage auch über moralische und musikalische Leichen gehen. Wenn also eine Mädelstruppe aus Hamburg eine CD mit Songs des Entertainment-Genies George Gershwin veröffentlicht, denkt man erst mal „witzige Klassiker-Schlachtplatte, postmodern angerichtet“, und schon ist einem schlecht. Aber denkste: Auf „Kicking The Clouds Away“ graben die Mobylettes vielmehr die Wurzeln des spät symphonisierten und symphonisierenden Komponisten aus: 13 wunderbare Songs werden da straff durchgetrasht, inklusive ausgefuchst runtergerotzter Vokal-Arrangements, knackiger Gitarren und schepperndem Schlagzeug. Das ist ziemlich lässig, wie Biker auf dem Weg in die fieseste Sex-Klitsche Mexikos, die beim Verlassen der Tankstelle ihre Kippe in die nächste ÖUache werfen. Aber die Songs sind, zumindest zum Teil, genau so gemeint: Das flapsige „Blah Blah Blah“, in dem die übliche Liebesliederleier durch die Titelzeile ersetzt wird, ist schönster Musical-Trash. Zugegeben: Das süße „Summertime“ in ein genervtes „Shut Up“ akkumulieren zu lassen, mag etwas frei interpretiert sein. Doch immerhin wird dem totgespielten Klassiker damit ein neuer Aspekt abgerungen. Und das ist nun wirklich eine Leistung!

Außerdem sind die Mobylettes keine kichernden, lustigen, niedlichen (ächz!) Mädchen, was man über die Moulinettes leider nicht sagen kann, zumindest nicht immer. Wenn die drei Girls (ächz! ächz!) aus München auf ihrem Debüt 20 Blumen die doofen Hühnchen machen, sind sie ein Grauen: „Zaubervogel Barbie“ über Püppchen und Krankenschwester und so (hier Mädelkichern einfügen) oder die Harte-Männer-Parodie „Gringo“ sind plump bis zur Karnevalskompatibilität. Das ist besonders ärgerlich, weil das Trio auch anders kann: Lustig sind die Aufzählsongs „Meine Hormone und ich“ und „Die mondäne Welt der Mode“, rührend, wie jede gute Parodie, das Samtliebeslied „Winter in Kanada“. Und Fans freuen sich über die Titelmelodie der Fernsehserie „Herr Rossi sucht das Glück“. Nur musikalisch geht es leider selten über leicht verdaulichen Retro-Easy-Listening-Pop hinaus. Einzige Ausnahme: der Serge-Gainsbourg-Song „Das war eine schöne Party“, dessen französisches Original „Poupee de cire, poupee de son“ France Gall berühmt machte. Schön wäre es, wenn dies nur der Anfang wäre und nun ein Album folgen würde mit deutschen, ganz unniedlichen France Gall/Serge Gainsbourg-Songs. Die könnten das auch zweifellos, die Moulinettes. Aber werden es wohl kaum auf Anraten hin machen. Denn Mädchen, das wissen wir ja, haben natürlich ihren eigenen Kopf.

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