Moneyball :: Brad Pitt, Philip Seymour Hoffman
Regie: Bennett Miller Start: 2.2.
Der deutsche Untertitel „Die Kunst zu gewinnen“ ist etwas irreführend. „Spiel des Geldes“ würde es schon eher treffen, klingt für die Vermarktung eines Kinofilms aber ebenso zu negativ wie „Die Algorithmen des Sieges“. Dabei handelt das Sportdrama von Bennett Miller („Capote“) genau davon: der Macht reicher Vereine auf dem Spielermarkt und die ewige Frage, ob Geld oder Konzepte zur Meisterschaft verhelfen. Obwohl es hier um Baseball geht, einen Sport also, der außerhalb Amerikas fast jeden Zuschauer einnicken lässt, ist die Story universell. Würde auch mit Fußball funktionieren, deutschen Stammtischtrainern dürfte da sofort Krösus Bayern München gegen das kleine Mainz 05 oder die zuletzt ja arg gebeutelten, um ihren letzten Star Papiss Demba Cissé kämpfenden Freiburger einfallen.
„Moneyball“ erzählt nämlich von einem langen Leidensweg, von der Kraft, trotz Niederlagen weiterzumachen. So beginnt der Film konsequent mit einem erneuten Scheitern. In einem dunklen Stadion, wo Teammanager Billy Beane (Brad Pitt) alleine an einem kleinen Radio verfolgt, wie seine Oakland A’s das Finale verlieren. Und am nächsten Tag beginnt der Ausverkauf. Die Stars, die er entdeckt und aufgebaut hat, ziehen für Millionengehälter zu den Top-Teams. Beane muss eine neue Mannschaft zusammenstellen, doch der Besitzer bewilligt kein höheres Budget. Das Meeting mit den Scouts mündet nach seiner Wutrede in betretenem Schweigen. Die Vorschläge sind zu teuer, die Abgänge kaum zu ersetzen.
Verbitterung und Verbissenheit stehen Pitt ins Gesicht geschrieben, der in seiner nahezu fehlerfreien Karriere nun brillant einen Mann verkörpert, dem kein Triumph vergönnt scheint. Dieser galt einst als größtes Talent im Baseball, entschied sich gegen das Studium und für einen Profivertrag bei den New York Mets. In den entscheidenden Momenten versagten aber stets seine Nerven, bis er als unerfüllte Hoffnung aufgab. Zerbrochen ist auch seine Ehe mit Sharon (Robin Wright), gelegentlich sieht er seine Tochter. So kam er nach Oakland, zum Underdog der Liga, wo er erstklassige Arbeit macht, aber auch das Scheitern einkalkuliert ist. Er ordnet Gefühle dem Erfolgsstreben unter, begegnet Spielern kühl, aber direkt und ehrlich. Miller und Pitt zeigen ein komplexes Porträt, wie es selten ist in diesem von Pathos geprägten Genre.
Statt neuer Stars findet er zuerst Peter Brand (Jonah Hill). Der verstockte Wirtschaftsanalyst hat von allen Spielern eine Statistik erstellt, in der die Stars eher durchschnittlich abschneiden. Um ganz nüchtern die Anzahl von Hits und Runs für die Siege zur Meisterschaft zu erreichen, schlägt er einen Kader vor, der günstig aus ausrangierten oder unterschätzen Spielern mit der jeweils gebrauchten Fähigkeit besteht. Beane macht ihn zum Assistenten, stößt aber mit dem kühnen Plan beim erfahrenen Beraterstab auf empörten Widerstand. Vor allem Trainer Art (Philip Seymour Hoffman) sabotiert Beanes Wunschaufstellung. So enden die ersten Spiele in der von allen erwarteten Blamage. Und da letztlich kein Konzept ohne die Menschen dahinter funktioniert, muss Beane schwere Entscheidungen treffen – auch bei sich selbst.
Regisseur Miller hat die wahre Geschichte mit einer angespannten Ruhe inszeniert, in der sich die verbalen Scharmützel von den Drehbuchautoren Steven Zaillian („Schindlers Liste“) und Aaron Sorkin („The Social Network“) famos entfalten. Allein die zehnminütige Szene, in der Beane und Brand am Telefon bei einem Spielertausch drei Vereine gegeneinander ausspielen, ist ein mitreißend pointiertes Meisterstück in diesem überragenden menschlichen Drama.