Musée Mécanique

„Hold This Ghost“

Sanfte Mellotron-harmonien füllen einen somnambulen Dreivierteltakt auf. Hier brummt ein alter Analogsynthie, dort zupft eine Akustikgitarre traurige Akkorde, da dingelt ein Glockenspiel, dort klimpert ein Klavier eine müde Melodie. Unter vielen, vielen Schichten schlummert das Kammerpop-Kleinod „Like Home“, mit dem das Album „Hold This Ghost“ beginnt.

Entzückend schläfrig, als ob sie sich von einem langen Dornröschenschlaf erholen müsste, wird diese Platte die ganze Zeit klingen. Tatsächlich hat es anderthalb Jahre gedauert, bis das Album von der Band Musée Mécanique, die man hierzulande bestenfalls als die Begleiter von Laura Gibson kennt, auch in Deutschland erschienen ist. Schon im September 2008 wurde dieses zärtlich-warmherzige Debüt in den USA veröffentlicht.

Die Vorliebe für veraltetes Instrumentarium, für analoge Sounds, fürs Angestaubte, aber auch für feinsinnige Arrangements prägen die Songs von Sean Ogilvie und Micah Rabwin, die schon seit 15 Jahren zusammen Musik machen. „Propellors“ ist eine hübsche Collage aus bekannten Versatzstücken. In der Pop-Miniatur „The Things That I Know“ klingt noch die Wehmut von „She’s Leaving Home“ nach. Und durch „Our Changing Skins“ werden am Ende des Albums eine wummernde Sequenzermelodie und eine singende Säge geistern – immer wieder ein Erlebnis.

Viel zu verdanken hat „Hold This Ghost“ auch dem Produzenten Tucker Martine, der sich wieder einmal als der Timbaland des US-Indie-Rock-Mekkas rund um Portland, Oregon, erweist. Nachdem er schon die Decemberists, Sufjan Stevens und Laura Veirs zu Großtaten angestiftet hat, beweist er nun auch bei Musée Mécanique am Mischpult Gespür für akus-
tische Stimmungsbilder.

Während sich in „Fits And Starts“ ein Country-Touch einschleicht, ist „Somehow Bound“ ein wehmütiges Kammerspiel, „Under Glass“ und „Sleeping In Our Clothes“ lullen einen wohlig ein. Und „Nothing Glorious“ schwelgt in Erinnerungen („Are you still/ Running scared/ Scrolling fingers/ Through your pretty hair?“), gerät zu einer Ode an die Vergänglichkeit -und klingt noch einmal wie Musik aus einer anderen, besseren Zeit. (Souterrain Transmissions/Rough Trade)

Gunther Reinhardt