Neil – Young Prairie Wind
Es ist der vertraute Klang der akustischen Gitarre, der Pedal Steel von Ben Keith und der Orgel von Spooner Oldham, der Klang von „Old Ways“ und „Harvest Moon“ und „Silver & Gold“: Jt’s a long way behind you/ And a long way ahead/ If you follow every dream/ You might get lost.“ Die Fisk University Jubilee Singers jubilieren. Und der Sänger tritt plötzlich aus dem Lied heraus und denkt an seine Freunde: „Some of them are with me now, some of them can’t be found.“ Tot und so.
So gern man den bukolischen Sound dieser alten Männer hört und Youngs brüchigen Gesang, so banal und muffig ist doch die Sentimentalität, die bereits „From Hank To Hendrix“ und „Buffalo Springfield Again“ und so viele späte Young-Stücke durchwehte. „Tick-tock“ heißt es in „No Wonder“, „the clock says on the wall/ No wonder we’re losing time.“ Und „This song from 9/11 still rings in my head“ – wahrscheinlich sein törichter Aufruf „Let’s Roll“.
Allzu vertraut sind die Motive von „Prairie Wind“. Young will die Platte als Fortsetzung von „Harvest“ und „Harvest Moon“ verstanden wissen, und bei der – durchaus üppigen -Folk-Instrumentierung, den pastoralen Klischees und dem elegischen Tenor ist diese Einordnung nur zu einleuchtend. In den zu langen zentralen Songs, „It’s A Dream“ („You and I went through so many things together“) und „Prairie Wind“, arrangiert Young kitschige Streicher und deplaciert wirkende Bläsersätze, der Chor säuselt. Young kehrt zurück an die Seen und ins Unterholz seiner kanadischen Kindheit, erinnert sich an Daddys Worte, memoriert den fischenden Jungen, das Fahrrad, das an den Baumstamm gelehnt war. Im aufgekratzten „Far From Home“ erklingen Mundharmonika, Piano und Bläser („Where the buffalo used to roam…“), „This Old Guitar“ erzählt in Großvaters Manier von den Abenteuern und Schrunden der treuen Klampfe, „Here For You“ ist das klassische Onkel-Neil-Liebeslied im Stil von „Comes A Time“. In „He Was The King“ überrascht Young mit einem Stilmittel, das in seinem Werk sonst ostentativ fehlt: Humor. Aber der Treppenwitz von Elvis, den man gerade an der Ecke getroffen hat etc., wurde schon öfter, und stets unlustig, repetiert. „When God Made Me“ ist schließlich ein feierliches Gospel-Stück mit Piano und Belcanto-Chor.
„I’s only a dream/And it’s fading now/Just a memory/ Without anywhere to stay“: Die Schönheit dieses abschiedstrunkenen Alterswerks liegt in der Grandezza des Verschwindens. Wir lieben Neil Young wie einen alten Hut – lieben ihn natürlich trotz seiner Schwächen und Marotten. Am Ende werden womöglich nur Manierismen bleiben, die wir lieben können.