Nelly Furtado – Loose
Nelly Furtado macht, was sie will: Für „Loose“ hat sich Madame Forca in London und Los Angeles, vor allem aber in Miami mit lauter VIP-Produzenten zusammengetan und ein HipHop/R&B-Album aufgenommen, ganz ohne Vorbehalte. Das hat man nicht kommen sehen.
Natürlich kommt Furtado vom HipHop und so, doch hörte man auf den vorangegangenen Alben ja vor allem den anderen, eher vom analogen Lied kommenden Einfluss. Das vielleicht später wieder! Für dieses Mal, erklärt die Künstlerin, habe sie alle Ängste und alles große Reflektieren fahren lassen, um den eigenen Instinkten zu folgen.
Die führten direkt in die Arme von Timbaland, der für „Loose“ (Co-)Songwriting und Produktionsdesign übernahm. Timbaland lässt „Loose“ meistens wie eine schwüle Nacht in einer 80s-Disco klingen, die etwa in Miami stehen könnte – es geht um Erotik, um schwitzige Momente und allerlei rhythmisches Miteinander. Woah, Nelly! So lasziv!
Man wundert sich zunächst über die Offensichtlichkeit des Konzeptes – Furtado wie Gwen Stefani, Furtado wie Jennifer Lopez. Furtado wie Madonna, Furtado wie Shakira, alles findet man auf dieser Platte irgendwo, und man könnte sich mit einigem Recht allein deshalb abwenden.
Aber es ist zu viel gelungene Musik auf „Loose“ fürs schnelle Verpöhnen. Die erste Single „Maneater“ ist ein mysteriöser Brummkreisel aus einem kuriosen, bald Eurythmics-artigen Synthie-Thema und einem famosen Chorus, man kann sich schlecht entziehen. „Say It Right“ ist einer dieser Madonna-Verweise, doch es steckt viel Herz in diesem Lied. Zu nennen wäre auch ein spanisch gesungenes Lied namens „No Hay Igual“, das eigentlich nur ein Percussion-Track mit einer mehr oder minder improvisierten Gesangslinie ist – oft ist es das Spontane, Unmittelbare, das „Loose“ zu einer nachvollziehbaren, erlebbaren Platte macht. Irgendwo zwischen zwei Liedern sagt Furtado zu Timbaland, dass sie immer gewusst habe, wie toll seine Beats mit ihrer emotionalen Stimme zusammengehen würden – immerhin versteht man, was sie meint.
Vieles ist freilich nicht gut: das alberne „Promiscuous“, das belanglose „Do It“, der nichtssagende Opener „Afraid“, all das braucht vielleicht Nelly fürs Freisein und Jungfühlen, sonst braucht es aber keiner. Da ist man froh, dass mit dem von Rick Nowles co-produzierten „In God’s Hands“ wenigstens ein ganz normales Lied dabei ist, eine kleine Erinnerung an die „alte“ Nelly. Aber wir wussten es ja die ganze Zeit: She is like a bird. She wants to fly away.