Der Landjunge NELLY macht die Rap-Millionen am liebsten mit guten Freunden. Auch, wenn es Popper sind

„Als ich aufgewachsen bin, war mein Leben hart genug“, sagt der 24jährige Rapper Cornell Haynes Jr., „es war nicht im positiven Sinn aufregend, es ist also kein Thema, über das ich gern rappe.“ Klar hat er gedealt in University City, einem Vorort von St. Louis/Missouri, und Pistolen geschwungen. Nichts davon ist strafrechtlich relevant geworden, darüber ist er jetzt froh, wo er’s nicht mehr nötig hat. „If you take a life, you’re gonna lose yours, too“, singt Nelly im Titelsong der neuen, zweiten Platte „Nellyville“, einer seiner seltenen Sozialkommentare. „Most of the time we’re just rockin‘ and rollin‘.“

Er rockte und rollte sogar mit ‚N Sync auf der Single „Girlfriend“, jetzt ist Justin Timberlake als Refrain-Gast beim Album-Stück „Work It“ dabei, ebenso Kelly Rowland von Destiny’s Child auf der grandiosen Boy/Girl-Ballade „Dilemma“. Pop. Die HipHop-Ältesten schäumen, aber irgendwie bietet Nelly ihnen nicht die richtige Angriffefläche. Platten verkauft er (das Debüt „Country Grammar“ steht zwischen acht und neun Millionen), das gilt zumindest im Rap auch als künstlerischer Pluspunkt. Und aufs Pferd geholfen hat ihm am Anfang kein Prominenter, mit Gastauftritten oder ähnlichen Features. Wenn man die „Grammar“-CD aus der Hülle nahm, erschien im transparenten Tray ein Foto des gesamten Teams, inklusive seiner Gruppe St. Lunatics. Nelly selbst musste man daraufsuchen, und das ist unter potenziellen SelbstdarsteUern ganz unüblich.

„A country boy came and dianged the game“ (aus „Oh Neöy“): Das ist übertrieben, aber die ländliche Herkunft trägt Nelly stolz vor sich her – er wohnt noch immer in St. Louis, sein Hund trägt jetzt halt Gucci-Halsbänder. Auch die Lunatics durften mittlerweile ihre Platte machen, die Lichtund Soundcrew sind alte Freunde von der Straße, als Bodyguard verpflichtete er den Türsteher, der ihn früher nie in den besten Gub der Stadt ließ. Er hat ein Hilfsprojekt für Kinder gegründet, aber auch eine Sportswear-Marke. Muss alles schnell gehen, weil keiner weiß, wieviel Zeit Nelly hat, um die Kuh zu melken. Seine Musik, der gefallige Mellow-Funk und notorische Midwest-Singsang, wind schon von vielen imitiert. Nelly weiß, dass das gut ist. Jetzt sagt man Stil dazu.

„Pop heißt populär. Populär ist man, wenn man eine bestimmte Zahl von Platten verkauft“, rechnet er vor, „und ist nicht HipHop längst die populärste Musik der Welt?“ Die deutschen Charts hat Nelly zwar nicht gelesen, aber was er meint: Pop sind auch die, die ihm den Pop vorwerfen. Das Pflaster unter dem Auge hat er nach einem Basketball-Unfall behalten. Wohl als Erinnerung, dass auch Spaß manchmal wehtun kann.

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