Nuggets von Jörg Gülden
Bis auf „Memphis Time“, das durch Robbie Turners Gastspiel auf der Pedal Steel Schwung bekommt, haben die Gin Blossoms ihr jüngstes Werk so ziemlich vergeigt. Was aber nicht so schlimm ist, bieten doch WAKELAND aus Oklahoma mit „Magnetic“(Giant 9 24628-2) mehr als vollwertigen Ersatz. Hier überzeugen die Hooklines Stück für Stück, und wenn die beiden Gitarristen loslegen, dann bebt die Wüste, daß man’s bis nach Tucson hört!
Ein Fall aus der Abteilung „ewig unterbewertet“ dürfte der Texaner GUTHRIE THOMAS sein. Zwar hat der Gute für seine Musik zu Hal Ashbys Woody-Guthrie-Verfilmung „Bound For Glory“ (1976) einen Academy Award erhalten und schon mit Koryphäen wie Emmylou Harris und Hoyt Axton zusammengearbeitet, aber selbst in der sechsbändigen „Guinness Encydopedia Of Populär Music“ ist er mit keiner Silbe erwähnt. Was eine Schande ist, denn der Folk-Barde hat weit über ein Dutzend Alben (meist auf Eagle Records) veröffentlicht. Mit „Midnight Train“ (Taxim TX 3006-2 TA) knüpft er nahtlos an seine Klassiker ä la „Lies & Alibis“ oder „The Poisonous Beauty“ an – zu filigraner, zurückhaltender Begleitung trägt Guthrie ergreifende Lieder über Herzschmerz, Desperados und die Sinnsuche auf den Highways des Lebens vor. Hier liegt die Kraft wahrlich in der Ruhe.
Könnte man John Hiatt steigern, dann hieße die Steigerung JEFF FINLIN. Der Singer/Songwriter aus Nashville, der bislang auf dem Label des Dwight-bakam-Gitarristen und -Produzenten Pete Anderson nur Belangloses veröffentlichte, zeigt nun mit den „Highway Diaries“ (Little Dog Rec. LDR-95Ö01-2) seine wahre Klasse. Und Drugstore Cowboys-Befurchtungen, die man heute in Zusammenhang mit Nashville durchaus hegen kann, läßt Finlin nicht die Spur aufkommen. Wenn er sentimental wird, dann so, daß ihn sogar ein hartgesottener Knacki tröstend an seine Brust drücken würde. Und wenn er rockt, dann verweist er Hiatt und Mellencamp mühelos auf die Plätze. – File under: ausgeschlafen.
Wenn von Gitarren-„Göttern“ die Rede ist, dann fallen meist nur sattsam bekannte Namen. Doch der von OLENN PHILLIPS ist garantiert nie dabei Bei dem Verweis auf „Musik To Eat“ von der Hampton Grease Band klingelt’s dann doch bei ein paar Zeitgenossen: »Ach der Phillips. Hat der nicht auch ‚Lost At Sea‘ und ‚Swim In The Wind‘ aufgenommen?“ Hat er. Und diese Leute wissen dann auch, daß sie auf „Walking Through Walls“ (shotput. WK37OO0) kein Gitarren-Gniedler oder -Speed-Berserker überfallt, sondern daß Phillips dem Attribut „sphärische Klänge“ einen völlig neuen Sinn gegeben und die Instrumentalmusik in völlig neue Dimensionen entführt hat Daß in der Motor City mal Rock-History geschrieben wurde, ist leider schon lange her. Doch jetzt kann sich Detroit endlich wieder einer Vorzeige-Band rühmen. Zwar stehen nichten in der Tradition der MC5 oder der Stooges, aber daß sie mit „Arrival Time“ (Real Deluxe Rec. 62002-2) etwa Pete Droge, Tom Petty oder Kevin Salem hart auf den Fersen sind, ist auch nicht schlecht. Gekonntes Songwriting, Gitarren galoreund eine stimmige Produktion.
Ein ähnliches Feld wie Crossed Wire beackern auch GENQUIS ANQUS mit „Echo Park“ (Midnight Fantasy Rec 9841-2), doch hat das Quintett aus Indiana noch den Bonus, daß ein Wegbereiter des Heartland-Rock, nämlich Meilencamp-Gitarrist Mike Wanchic, dieses Debüt produzierte. Dem Resultat hört man die Regie des Profis bis ins kleinste Detail an: eine Produktion bar jeder Mätzchen, die Gitarren ganz vorn und ein Gesang, der diese Band mühelos auf das Niveau etwa der Insiders zu „Ghost On The Beach „Zeiten befördert.
Ebenfalls aus Indiana, aber musikalisch völlig anders sind THE MYSTERIES OF LIFE, hervorgegangen aus der abgedrehten Psych-Popper-Combo Antenna. Ihr „Keep A Secret“(RCA 66725-2 07863)ist trotz Cello-Untermalung so herrlich schrullig, daß nicht wenige der vielgepriesenen Exzentriker aus England steinalt aussehen.
Zu beziehen sind die Alben in der Regel bei Chill Music, Sheeren 12,28865 Lilienthal und Taxim Records, Am Dobben 3, 27330 Asendorf oder Glitterhouse, Grüner Weg 25, 37688 Beverungen