Panic Room, Regie: David Fincher :: (Start 18.4.)
Ob die Sträflinge auf dem öden Planeten Fiorina 138, die beiden Polizisten in der verregneten urbanen Hölle, der alternde Investment-Millionär im virtuellen Therapiespiel der Schickeria oder die prügelnden Kerle im Kneipenkeller – Männer sehen bei David Fincher zwar gut aus, kommen jedoch schlecht weg. Sie sind Sinnsuchende, Verlorene, Gefangene, reich an Geld und arm an Charakter und Gefühl, erfolgreich einsam, verklemmt oder aggressiv, also irgendwie seelisch derangiert. Und die Schocks und Schmerzen, die Fincher ihnen zufügt, fuhren sie nicht einmal mehr zu einer Erlösung.
Erstmals seit seinem Debüt „Alien 3“, das man noch als Auftragsarbeit sehen kann, spielt nun bei Fincher wieder eine Frau die Hauptrolle. Jodie Foster ist Meg Altman, die gerade ihren wohlhabenden Gatten verlassen hat, da der mit einem jungen Model herummacht.
Sie zieht mit ihrer elfjährigen Tochter Sarah (Kristen Stewart) in eine riesige dreistöckige Wohnung mit Fahrstuhl, Alarmanlage, Überwachungskameras in jedem Zimmer und einem kleinen Geheimraum, der acht Monitore enthält Den sogenannten „Panic Room“ hatte der Vorbesitzer bauen lassen, um sich bei Gefahr dort unerkannt zu verstecken. In der ersten Nacht schon brechen drei Männer in das fast leere Appartment ein, das sie offenbar für unbewohnt gehalten haben. Meg und Sarah flüchten in die Kammer – und sitzen in der Falle: Burnham (Forest Whitaker), Raoul (Dwight Yoakam) und Junior (Jared Leto) haben es auf etwas abgesehen, das in jenem Raum ist.
Das Eindringen in die Privatsphäre ist typisch für das Thriller-Genre. Fincher und Drehbuchautor David Koepp jedoch haben diesen Part zum Plot gemacht wie mal „Die Hard“ als Actionfilm, also Fläche und Zeit beschränkt. Bis kurz vor Morgengrauen versucht das Trio, in die schalldichten und einbruchsicheren Raum zu gelangen (und wechselt zwischendurch die Positionen), sie leiten sogar Gas in den Luftschacht. Dabei ähnelt diese Konstellation auch Western oder Siedler-Stories, in denen Frauen vor marodierenden Banden in einem Erdloch unter dem Blockhaus verborgen wurden. „Mayflower“ steht auf Megs Umzugkartons, und ihr Apartment ist das neue Land. Nur die Beschützer fehlen – und taugen dazu auch nicht mehr. Für wenige Sekunden kann Meg mit dem Handy bei ihrem Ex-Mann anrufen, hat aber nur seine zickige Freundin in der Leitung. Als er dennoch erscheint, wird er mühelos zusammengeschlagen. Mit Megs vorhersehbaren Wandlung vom Hausmütterchen („Say fuck“, rät Sarah ihr) zur ähnlichen Amazone wie Ripley aus „Alien“ erzählt Fincher allerdings weniger von den Stärken der Frauen, sondern zeigt er wieder ein desolates Bild der Alpha-Männchen, deren Zerissenheit auch die rivalisierenden Einbrecher verkörpern: Whittaker spielt den Dieb mit Ehre, Raoul gibt den überforderten Führer, Junior ist das brutale Tier.
Neben der komplexen und bizarren Bravour in „Sieben“ und „Fight Club“ passt „Panic Room“ mit grün-grauen Metallfarben und routinierten Hitchcock-Momenten eher zu „The Game“. Die visuelle Perfektion kaschiert auch reichlich logische Schwäche. Das Ende zitiert dann den kühl konstruierten Krimi „The Killing“ von Kubrick. Bis zu dessen Klasse hat es Fincher noch weit. Er steht erst bei Ridley Scott.