Peter Doherty

Grace/Wastelands

„The Waste Land“ von T.S. Eliot wurde gemeinhin als Kritik an der Entwurzelung des Individuums in modernen Zeiten gedeutet. Für Eliot selbst freilich war es „nur ein Stück rhythmische Quengelei“ gewesen, wie er einmal sagte- was sich auch über manche Song-Skizze aus Pete Dohertys Feder sagen lässt.

Tatsächlich gefällt sich der teilweise in Paris Wohnende ja als rastloser Geist und Bohemien, ist aber nicht zuletzt ein Junkie und neigt wie alle Junkies zu Selbstmitleid und einer trotzigen Opfermentalität. Nun aber will Doherty Peter genannt werden, wird diesen März 30 und textet Lebensweises wie: „If you’re still alive when you’re 25/ Should I kill you like you asked me to?“ („New Love Grows On Trees“). Ist der ewige Kindskopf am Ende erwachsen geworden?

Mitnichten, Doherty bleibt ein Träumerle und Romantiker, der in „Arcadie“ dylanesk durch seine Märchenwelt taumelt, aber auch erkennt: „In Arcadie a life trips along.“ Irgendwas ist also anders geworden auf diesem lange angekündigten Solo-Debüt, das er schließlich nach dem letzten Knast-Aufenthalt fertig stellte. With a little help from his friends, den übrigen Babyshambles, vor allem aber dem Produzenten Stephen Street und: Graham Coxon. Diese beiden verleihen den entrückten Kompositionen Dohertys Struktur und Fundament, und so gelang ein überwiegend introvertiertes Werk mit einigen der besten Songs dieser Karriere.

Viele von ihnen schwirren seit Jahren durch Dohertys Solo-Abende in Londoner Kaschemmen, Theatern, Großhallen. „1939 Returning“ etwa entstand während der bizarren Amour fou mit Amy Winehouse und war eigentlich als Duett gedacht. Fast noch besser geht es mit sirrenden Streichern in „Death Around The Eyes“ weiter, einem Song, den Doherty tatsächlich mit Carl Barât geschrieben hat.

Trotzdem scheint Doherty dem alten Freund dauerhaft gram zu sein. Der Bar-Jazz „Sweet By And By“ betrauert den Verlust des gemeinsamen Traums: „It’s so long ago / When we first hit the road / I remember those earliest shows“, und dann: „You left me wondering if love’s just a lie/ All I do is hang my head and cry.“ Ja, es geht natürlich auch darum, die Wahrheit aus der Sicht und mit den Worten von Pete, pardon: Peter Doherty zu erzählen.

„Sheepskin Tearaway“ schließlich ist ein betörend hingehauchtes Duett mit der zauberhaften Dot Allison. Doherty singt, er sei „full of heroin“. Die Gitarren klingen desperat wie eh und je. Gnade verlangt der Entwurzelte nur für sich selbst. (Emi)